Grundsätzlich kann jeder frei entscheiden, ob er Verträge schließt und welchen Inhalt sie haben. Allerdings ist eine Erklärung, die in Folge einer arglistigen Täuschung ausgesprochen wird, nach § 123 BGB grundsätzlich anfechtbar. Aber wann genau ist von einer Arglist auszugehen? Wie weit reicht im Einzelfall die Aufklärungspflicht? Über diese Fragen hatte das OLG Braunschweig im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Pferdes zu entscheiden.
Eine Frau erwarb eine Stute für 5.200 Euro. Im Vertrag war festgehalten, dass das Pferd "etwas dominant" sei. Die Verkäuferin selbst hatte das Pferd einen Monat zuvor von dem Voreigentümer für einen deutlich geringeren Preis erworben. In dem damaligen Vertrag ist das Pferd als "schwierig im Umgang" bezeichnet worden.
Die neue Eigentümerin kam nach dem Kauf mit dem Pferd nicht zurecht. Sie behauptete, dass es nach der Eingewöhnung aggressive Verhaltensweisen gezeigt habe: Es lasse sich nicht reiten, lege die Ohren an und laufe mit gesenktem Kopf auf die Mitarbeiter zu. Sie erklärte daraufhin die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.
"Etwas dominant" beschreibt das Pferd nicht eindeutig genug
Anders als das LG Braunschweig in erster Instanz entschied das OLG, dass der Frau ein Anfechtungsrecht zusteht und der Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes zu ersetzen ist (Urteil vom 30.01.2025 - 8 U 215/22). Daneben kann sie auch teilweise die Zahlung der Kosten für die Unterstellung, Fütterung und notwendigen Tierarztkosten für das Pferd verlangen.
Die Verkäuferin habe Kenntnis von aggressivem Verhalten des Pferdes gehabt und sei daher ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Nach den Angaben der Voreigentümer in der mündlichen Verhandlung sei die Verkäuferin informiert gewesen, dass das Pferd sich beim Longieren regelmäßig in Richtung des Longierenden bewegt und nach hinten ausgekeilt habe. Die gerichtlich bestellte Sachverständige bestätigte, dass das Pferd ein aggressives Verhalten gezeigt habe, das sich nicht ohne Weiteres korrigieren lasse.
Darüber habe die frühere die neue Eigentümerin nicht aufgeklärt, obwohl es für die Kaufentscheidung offensichtlich von Bedeutung gewesen wäre. Auch die Beschreibung im Kaufvertrag rechtfertige kein anderes Ergebnis: Das aggressive Gebaren des Pferdes gehe eindeutig über ein als "etwas dominant" beschriebenes Verhalten hinaus, die Formulierung sei eher verniedlichend. Im Hinblick auf die Ausführungen der Sachverständigen hat der Senat auch ausgeschlossen, dass die Verkäuferin darauf vertraut habe, die ihr bekannten Verhaltensweisen des Pferdes binnen des eines Monats, den es nur bei ihr verbracht habe, nachhaltig korrigiert zu haben.