Motorradunfall mit Gartenclogs: Kein Mitverschulden an teilamputierter Zehe
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Hätte man ahnen können, dass man bei einem Motorrad-Unfall mit Clogs schwere Fußverletzungen riskiert? Vielleicht, aber ein "allgemeines Verkehrsbewusstsein", dass man sich so besser nicht auf die Maschine setzt, gibt es laut OLG Brandenburg nicht – und damit auch keine Abzüge beim Schmerzensgeld.

Ein Jugendlicher fuhr mit dem Motorrad seines Vaters eine Straße entlang – lediglich in losen Gartenclogs und leicht bekleidet – als es zum Unfall mit einer vom rechten Straßenrand ausparkenden Autofahrerin kam. Als Folge des Unglücks musste ihm die zweite rechte Zehe teilamputiert werden. Zudem kam es zu Verschleißerscheinungen an der rechten Großzehe in Form einer Arthrose sowie schmerzhaften Nagelwachstumsstörungen als DauerschädenEr verklagte die Fahrerin und deren Assekuranz unter anderem auf rund 18.000 Euro Schmerzensgeld; vorgerichtlich hatte die Versicherung bereits 3.000 Euro gezahlt. Das LG Potsdam sprach weitere 300 Euro auf Basis einer Haftungsquote von 66% zu 34% zugunsten des jungen Manns zu.

Das OLG Brandenburg hielt ein Schmerzensgeld von insgesamt 6.000 Euro für angemessen und sprach dem Motorradfahrer daher weitere 2.700 Euro zu (Urteil vom 14.12.2023 – 12 U 107/23). Die Haftungsquote ließ das OLG unangetastet. Es zog dem Jugendlichen auch für die wenig durchdachte Wahl seines Schuhwerks nichts vom Schmerzensgeld ab: "Ein weitergehendes Mitverschulden des Klägers wegen der nicht angemessenen Kleidung ist (…) nicht anzurechnen", urteilten die Brandenburgischen Richterinnen und Richter im Hinblick auf die Schmerzensgeldhöhe. Es sei nicht bewiesen worden, "dass eine konkrete Fußbekleidung bei Motorradfahrern dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht".

Anders hatte der 12. Zivilsenat 2009 (Urteil vom 23.7.2009 – 12 U 29/09) hinsichtlich der Notwendigkeit entschieden, Schutzkleidung an den Beinen zu tragen: "Auf Grund der Instabilität des Fahrzeugs ist der Motorradfahrer nicht nur bei Rennveranstaltungen, sondern auch im normalen Straßenverkehr besonders gefährdet. Deshalb empfehlen sämtliche maßgeblichen Verbände, die sich u.a. mit der Sicherheit und im Besonderen auch mit der Motorradsicherheit befassen, einen Schutz bei jeder Fahrt mit sicherer Motorradbekleidung. Entsprechende Empfehlungen findet man z.B. beim ADAC, beim Institut für Zweiradsicherheit (ifz), das zudem eine Statistik veröffentlicht hat, wonach die Verletzungshäufigkeit gerade im Bereich der Beine bei etwa 80% liegt…Die meisten Motorradfahrer empfinden es heutzutage als eine persönliche Verpflichtung, mit Schutzkleidung zu fahren."

OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2023 - 12 U 107/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. März 2024.