Familie muss Grundstück und Haus nach Behördenfehler räumen

Eine Familie aus Rangsdorf südlich von Berlin muss wegen einer fehlerhaften Zwangsversteigerung ihr selbst errichtetes Eigenheim verlassen und das Grundstück an den Eigentümer übergeben. Das hat das Brandenburgische Oberlandesgericht entschieden. Das Amtsgericht habe nicht hinreichend nach dem Erben des Grundstücks gesucht. Für diesen Fehler hat das Land der Familie nun ebenfalls eine Entschädigung in Aussicht gestellt.

Erbe fordert zwangsversteigertes Grundstück zurück

Die Familie hatte das etwa 1.000 Quadratmeter große Grundstück 2010 bei einer Zwangsversteigerung im AG Luckenwalde regulär erworben. Das Bauland wurde versteigert, weil der Erbe des Grundstücks Schulden bei der Stadt Freiburg hatte und angeblich nicht erreichbar war. Nachdem die Familie hohe Kredite aufgenommen und dort ihr Haus gebaut hatte, meldete sich der Erbe und forderte das Grundstück vor Gericht zurück.

Grundstück herauszugeben - Land will Familie entschädigen

Das LG Potsdam entschied darauf im Jahr 2014, dass das AG es versäumt habe, nach dem Erben in ausreichendem Maße zu suchen. Daher sei die Zwangsversteigerung nicht rechtens und der Erbe weiterhin Eigentümer des Grundstücks. Dies wurde vom OLG bestätigt und nun auch die Herausgabe des Grundstücks samt Entschädigung des Eigentümers angeordnet. Zudem muss die Familie das Haus binnen eines Jahres abreißen lassen. Die Eigentümerstellung des Klägers ergebe sich aus der Grundbuchsituation vor dem Zuschlag im Jahre 2010. Die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts über die Aufhebung des Zuschlags binde den Senat. Sei der Kläger daher der wahre Eigentümer des Grundstücks, stehe ihm das Recht zu, dessen Räumung und Herausgabe zu verlangen. Den Beklagten stünde kein Recht zum Besitz zu.

Kein Verstoß gegen Grundsatz von Treu und Glauben

Das Begehren des Klägers verstoße auch nicht ausnahmsweise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Zwar seien die Auswirkungen für die Beklagten und ihre Familie gravierend. Ihre nunmehr vergeblichen Aufwendungen für das Haus könnten aber nicht losgelöst von möglichen Ersatzansprüchen aus Amts- oder Staatshaftung betrachtet werden. Zudem habe der Kläger bei den Beklagten kein Vertrauen in die Wirksamkeit des Erwerbs des Grundstücks erweckt. Die Beklagten stützten sich einzig auf das Vertrauen in den staatlichen Akt des Zuschlags, ein Verhalten des Klägers, das geeignet gewesen wäre, das Vertrauen der Beklagten hervorzurufen oder zu befördern, sei dagegen nicht ersichtlich.

Wohnhaus muss beseitigt werden

Als Eigentümer habe der Kläger auch das Recht, die Beseitigung des errichteten Wohnhauses zu verlangen, selbst wenn dies mit hohen Kosten verbunden sei. Da ein schützenswertes Eigeninteresse des Klägers, sein zuvor unbebautes Grundstück so zurückzuerhalten, nicht ausgeschlossen werden könne, sei ein Verstoß gegen das Schikaneverbot nicht feststellbar. Für die Nutzung des Grundstücks hätten die Beklagten eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, wobei der für den Zeitraum bis Ende 2014 vom Landgericht angesetzte Betrag von 2.500 Euro jährlich nicht zu beanstanden sei. Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) hatte bereits im Rechtsausschuss des Landtags angekündigt, dass das Land die Familie wegen des Fehlers des AG entschädigen werde.

OLG Brandenburg, Urteil vom 29.06.2023 - 5 U 81/20

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2023 (ergänzt durch Material der dpa).