Nach U-Boot-Implosion: Familie von "Titan"-Crewmitglied fordert Schadensersatz

Bei einer gescheiterten Titanic-Expedition im vergangenen Jahr implodierte ein selbstgebautes U-Boot – alle an Bord starben. Nun will die Familie eines der Opfer 50 Millionen US-Dollar Schadensersatz: Die Crew habe Todesangst und seelische Qualen erlebt.

Am Morgen des 18. Juni 2023 stach die "Titan" im Nordatlantik in See. Ihr Ziel: Das Wrack der 1912 gesunkenen Titanic. Wohlhabende Wissenschaftler, Unternehmer und Abenteurer hatten mehr als 250.000 Dollar bezahlt, um dem Luxusliner auf dem 3.800 Meter tiefen Meeresgrund mit dem U-Boot einen Besuch abzustatten. Als zwei Stunden später der Funkkontakt zum Begleitschiff abriss, war die fünfköpfige Crew der "Titan" schon nicht mehr zu retten. Die Hülle des rund sieben Meter langen Tauchboots konnte dem extremen Wasserdruck nicht standhalten – es implodierte. Tage später wurden die Trümmer des U-Boots knapp 500 Meter vom Bug der Titanic entfernt gefunden.

Unter den Toten war auch der französische Wissenschaftler Paul-Henri Nargeolet, besser bekannt als "Monsieur Titanic", dessen Familie am Donnerstag Klage gegen den Betreiber Oceangate bei einem US-Gericht in Washington State eingereicht hat. Die Hinterbliebenen fordern 50 Millionen Dollar Schadensersatz. Der Betreiber habe grob fahrlässig gehandelt, heißt es in der Klageschrift. Die Besatzung sei über Mängel und Konstruktionsfehler des U-Boots nicht aufgeklärt worden. Außerdem hätten die Insassen Angst und seelische Qualen angesichts des bevorstehenden Unglücks erlitten.

Insassen wussten was kommt

Nach etwa 90 Minuten habe der Pilot versucht, den Tauchgang abzubrechen, rekonstruiert die Klageschrift weiter. Dazu habe er Ballast abgeworfen, um Auftrieb zu gewinnen. Doch das Boot sank wohl weiter. Experten seien sich einig, dass ein akustisches Signal die Crew davor gewarnt habe, dass die Hülle des rund sieben Meter langen Tauchbootes unter dem extremen Druck zu brechen drohte. Die sichere Erkenntnis, dass sie sterben würden, habe die fünf Insassen in Todesangst versetzt.

Nach der Bergung war das Wrack untersucht worden. Laut Fachleuten deutet alles darauf hin, dass der Rumpf des Boots dem enormen Wasserdruck nachgab und implodierte. An Bord der "Titan" waren neben Nargeolet auch der britische Abenteurer Hamish Harding, der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood und dessen 19-jähriger Sohn Suleman sowie der Chef der US-Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush.

U-Boot war Marke Eigenbau

Der Betreiber der U-Boot-Expeditionen Oceangate habe sich bislang nicht zu der Klage äußern wollen, hieß es in US-Medienberichten. Oceangate hatte die Tiefsee-Expeditionen für etwa 250.000 Dollar pro Person im Angebot und schon rund ein halbes Dutzend Mal durchgeführt. Später wurde öffentlich bekannt, dass das Unternehmen schon vor dem Unglück mit Sicherheitsbedenken zahlreicher Experten konfrontiert worden war. Die "Titan" war von keiner Behörde oder Einrichtung für bemannte Tiefseetauchgänge überprüft, zertifiziert oder offiziell zugelassen worden. Standards seien umgangen und Warnungen missachtet worden.

Oceangate hat nach eigenen Angaben inzwischen alle Erforschungen und kommerziellen Geschäftstätigkeiten eingestellt. Untersuchungen des Vorfalls laufen unter anderem bei der US-Küstenwache und der Transportsicherheitsbehörde Kanadas.

Redaktion beck-aktuell, dd, 9. August 2024 (ergänzt durch Material der dpa).