Obers­ter Ge­richts­hof: Keine Staats­haf­tung für Co­ro­na-Hot­spot Ischgl

Im Fall der Co­ro­na-In­fek­tio­nen im ös­ter­rei­chi­schen Ischgl hat der Obers­te Ge­richts­hof in Wien die Klage eines deut­schen Tou­ris­ten auf Scha­den­er­satz ab­ge­wie­sen. Damit be­stä­tig­te er die Auf­fas­sung der Vor­in­stan­zen, dass die im Epi­de­mie­ge­setz auf­er­leg­ten Pflich­ten von Be­hör­den aus­schlie­ß­lich den Schutz der All­ge­mein­heit be­zweck­ten. Das Ur­teil rief deut­li­che Kri­tik beim Ver­brau­cher­schutz­ver­ein (VSV) her­vor, der die In­ter­es­sen der Klä­ger ver­tritt.

Un­rich­tig in­for­miert, aber Gäste nicht zu Auf­ent­halt ver­lei­tet

Der Um­stand, dass der er­krank­te Klä­ger bei recht­zei­ti­ger War­nung nicht an­ge­reist wäre, sei kein Grund für eine Amts­haf­tung. Das Bun­des­land Tirol habe die Öf­fent­lich­keit zwar un­rich­tig über die Lage in Ischgl in­for­miert, stell­te der OGH fest. Doch amt­li­che Fehl­in­for­ma­tio­nen könn­ten nur dann zur Haf­tung füh­ren, wenn da­durch ein Ver­trau­ens­tat­be­stand ge­schaf­fen wurde, der ge­eig­net ge­we­sen wäre, Gäste zu einem Auf­ent­halt in dem be­tref­fen­den Ort zu ver­lei­ten, ar­gu­men­tier­te das Höchst­ge­richt. Dies sei nicht der Fall ge­we­sen.

Hot­spot für Ver­brei­tung des Virus

Das für seine Après-Ski-Szene be­kann­te Ischgl galt im März 2020 als Hot­spot für die Ver­brei­tung des Virus in Tei­len Eu­ro­pas. Die Be­hör­den be­haup­ten, beim da­ma­li­gen Kennt­nis­stand ver­ant­wort­lich ge­han­delt zu haben. Die Klä­ger sehen da­ge­gen ein Ver­sa­gen, da nicht recht­zei­tig vor der Ge­fahr des Virus ge­warnt wor­den sei.

Kri­tik vom Ver­brau­cher­schutz­ver­ein

Der Rechts­streit mit zahl­rei­chen Klä­gern dau­ert seit Jah­ren an. Das neue Ur­teil rief deut­li­che Kri­tik beim Ver­brau­cher­schutz­ver­ein (VSV) her­vor, der die In­ter­es­sen der Klä­ger ver­tritt. Der OGH be­rück­sich­ti­ge in sei­ner Ver­öf­fent­li­chung nicht, dass die Klä­ger sich auch auf die EU-Grund­rech­te-Char­ta be­ru­fen hät­ten und dazu eine Aus­le­gung durch den Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof not­wen­dig wäre. "Diese Ab­fuhr für Ge­schä­dig­te aus 45 Na­tio­nen ist eine tiefe Ent­täu­schung für diese, die durch die Feh­ler der Be­hör­den in Tirol zum Teil schwe­re Schä­den er­lit­ten haben", so VSV-Chef­ju­rist Peter Kolba. Das Ur­teil sei ein Frei­brief für Be­hör­den, die wäh­rend einer Pan­de­mie nun­mehr jeden Un­sinn ma­chen könn­ten, der ihnen ein­fal­le.

Redaktion beck-aktuell, 1. Juni 2023 (dpa).

Mehr zum Thema