Oberstaatsanwalt fordert Kronzeugenregelung auch im Sportrecht

Der Münchener Oberstaatsanwalt Kai Gräber hat sich für eine Kronzeugenregelung auch im Sportrecht ausgesprochen. Die wichtigste Erkenntnis aus dem Urteil gegen den Erfurter Arzt Mark S. ist aus seiner Sicht, dass "erfolgreiche Anti-Doping-Arbeit nur über die Strafverfolgungsbehörden geht". Mark S. war am 15.01.2021 wegen jahrelangen Blutdopings an Sportlern und gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden.

Mittel der Strafverfolgung erforderlich

"Die Verurteilungen waren letztlich nur möglich, weil wir mit den Mitteln, die wir zur Strafverfolgung haben, einschreiten und Beweise sichern konnten. Das ist weder dem Sport noch den Verbänden noch den Medien möglich", sagte der Leiter der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in München und Chefermittler in der "Operation Aderlass" in einem Interview von "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten (Mittwochausgaben).

Strafmilderung als Anreiz für potenzielle Kronzeugen

"Auch die Operation Aderlass hat gezeigt, dass es ohne Informationen aus der Szene im Sport keine Fälle gibt. Deshalb ist es enorm wichtig, durch eine mögliche Strafmilderung Anreize für potenzielle Mitteiler zu schaffen", betonte Gräber und forderte: "Allerdings ist auch im Sportrecht eine entsprechende Regelung nötig – es bringt nichts, wenn Kronzeugen im Strafprozess mit mildernden Umständen rechnen können, aber für vier Jahre gesperrt werden."

Mark S. hat Revision eingelegt

Neben dem thüringischen Mediziner Mark S. wurden auch dessen vier Helfer in dem ersten großen Strafprozess in Deutschland seit Einführung des Anti-Doping-Gesetzes 2015 schuldig gesprochen. Zudem bekam Mark S. ein Berufsverbot von drei Jahren. Die Verteidigung des Mediziners hat Revision gegen das Urteil eingelegt.

Alle Angeklagten legten Geständnisse ab

Das Doping-Netzwerk war Anfang 2019 aufgeflogen. Bei Razzien in Erfurt und während der Nordischen Ski-WM in Seefeld wurden im Rahmen der "Operation Aderlass" vier der fünf Angeklagten verhaftet. Im Prozess legten alle fünf Geständnisse ab. "Ich hoffe schon, dass sich etwas verändert hat, auch wenn ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen würde, dass der Sport sauberer geworden ist", sagte Gräber.

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2021 (dpa).