Oberlandesgerichte fordern Musterverfahren

Angesichts ihrer hohen Belastung haben die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof den Gesetzgeber aufgefordert, Grundlagen für die schnellere Bearbeitung von Massenverfahren zu legen. Die Revisionsgerichte seien mit Verfahren wie beispielsweise dem Dieselabgas-Skandal völlig überfordert, sagte die BGH-Präsidentin Bettina Limperg am Mittwoch zum Abschluss einer Tagung aller OLG-Präsidentinnen und OLG-Präsidenten und des BGH in Rostock.

Klärung grundlegender Fragen in Leitentscheidung

Die oftmals gleich gelagerten Massenverfahren verzögerten dringende Entscheidungen in allen anderen Rechtsgebieten. Nach dem Willen der Tagungsteilnehmer könnte der Gesetzgeber Musterverfahren zulassen. In diesen Verfahren könnten grundlegende Fragen in einer Leitentscheidung geklärt werden. Mit Hilfe einer solchen Grundsatzentscheidung könnten Tausende Verfahren schneller beendet werden. "Wir wissen, dass die unteren Gerichte die BGH-Entscheidungen so aufmerksam lesen, dass sie das eins zu eins umsetzen", sagte Limperg.

Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherungen Problem

Derzeit werde ein Urteil in einem Revisionsverfahren oftmals dadurch verhindert, dass sich die Parteien kurz zuvor außergerichtlich einigen und die Revision zurückziehen, berichtete Limperg. Die Kosten solcher Verfahren seien in den meisten Fällen durch Rechtsschutzversicherungen gedeckt. Für den Kläger gebe es also kein finanzielles Risiko. Wenn die Rechtsschutzversicherungen künftig jedoch sehen könnten, dass ein Musterverfahren keinen Erfolg bringt, würden sie weitere Verfahren auch nicht mehr übernehmen – was mit einer Entlastung der Gerichte einhergehen würde. "Auf eigenes Risiko klagt man auf andere Weise als mit einer Versicherung", sagte die BGH-Präsidentin.

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, beck-aktuell-Redaktion, 27. Mai 2022 (dpa).