NRW plant Kürzungen beim Referendariat - Fachschaften reagieren mit Petition

Aus Kostengründen will die nordrhein-westfälische Landesregierung beim Rechtsreferendariat sparen – trotz Nachwuchssorgen. Während nun auch der DAV Kritik übt, haben juristische Fachschaften eine Petition initiiert.

Ende Mai wurde bekannt, dass die NRW-Landesregierung Kürzungen im Referendariat vornehmen will: So soll in einem ersten Schritt die Anzahl der Referendariatsstellen zum Januar nächsten Jahres von momentan rund 3.800 auf 3.300 sinken. Perspektivisch sollen die Ausbildungsstellen um ca. 20 % auf insgesamt nur noch 3.000 Stellen reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Einstellungen umgehend – beginnend ab Juli dieses Jahres – deutlich zurückgefahren werden. Die Regierung begründet die Stellenreduzierung mit der schwachen Konjunktur und dem aktuellen Haushaltsaufstellungsverfahren für 2025.

Die Landesfachschaft Jura (LFS) und die Referendariatskommission, die beim Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) angesiedelt ist, haben Anfang Juni eine Petition gegen die Sparpläne gestartet und sind mit dem bisherigen Ergebnis sehr zufrieden: Bereits in den ersten 24 Stunden seien 1.500 Unterschriften gezählt und inzwischen sei die Petition von über 3.700 Personen unterzeichnet worden, teilte der BRF am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der LFS mit. Die Petenten sehen die Sparpläne kritisch und warnen vor negativen Folgen.

Funktionsfähigkeit der Justiz in Gefahr

So führe die Kürzung zunächst einmal zu längeren Wartezeiten für angehende Referendarinnen und Referendare, die sich teilweise bereits im Bewerbungsprozess befänden und sich auf die bisher üblichen Wartezeiten eingestellt hätten, so der BRF. Frederik Janhsen, Vorsitzender der LFS NRW, weist zudem darauf hin, dass Kürzungen bei den Referendarstellen und die damit verbundene Verschiebung der Einstellungszeiträume die Attraktivität Nordrhein-Westfalens als Ausbildungsstandort der Justiz senken könnte.

Für Timeela Mandandhar, Mitglied der Referendariatskommission und selbst Referendarin am LG Bochum, könnten sich die geplanten Sparmaßnahmen wegen längerer Verfahren mittelfristig auch auf die Funktionsfähigkeit der Justiz insgesamt auswirken. Auch Justine Börngen, ebenfalls Mitglied der Kommission, kritisiert die geplanten Einsparungen: "Egal wie angespannt die Haushaltslage ist: Sie darf nicht dazu führen, dass in der juristischen Ausbildung gespart wird", meint die Referendarin am LG Duisburg. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Justiz in NRW vor einer großen Pensionierungswelle stehe und bereits jetzt ein enormer Mangel an juristischem Nachwuchs bestehe.

Auch DAV übt Kritik

Und in der Tat: Seit Jahren beklagt sich die Justiz in Nordrhein-Westfalen über unbesetzte Stellen und große Schwierigkeiten, Nachwuchs zu gewinnen. So räumte der nordrhein-westfälische Justizminister Benjamin Limberg (Grüne) laut BRF Ende letzten Jahres noch ein, dass über 110 Stellen allein bei der Staatsanwaltschaft unbesetzt seien, und forderte zudem zusätzliche Stellen ab 2024, um die über 200.000 unerledigten Ermittlungsverfahren – Tendenz steigend – zu bearbeiten.

Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) zeigte sich in einer Pressemitteilung vom Mittwoch irritiert über die Sparpläne: "Einige Länder heben das Pensionierungsalter an, andere senken die Bewerbungshürden für den Justizdienst – nun will NRW den entgegengesetzten Weg einschlagen und sogar Referendarstellen streichen", zitiert die Mitteilung Rechtsanwältin Sonka E. Mehner, Vizepräsidentin des DAV. Das sende ein falsches Signal. Gerade in Zeiten sinkender Absolventenzahlen müsste die juristische Ausbildung weiter gefördert werden. Auch die Anwaltschaft sei auf den juristischen Nachwuchs angewiesen.

Redaktion beck-aktuell, gk, 12. Juni 2024.