Familienrecht und Jugendhilfe bieten passende Maßnahmen
Familienrecht und Jugendhilfe böten eine Auswahl an Maßnahmen, auf die in solchen Fällen zurückgegriffen werden könne – von der Erziehungshilfe für die Eltern über die Inobhutnahme des Kindes bis hin zur Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, so der DAV. Solche Maßnahmen könnten auch gemäß § 1631 Abs. 3 BGB mit Unterstützung des Familiengerichts und gemäß §§ 1666, 1666a BGB durch das Familiengericht auch gegen Willen der Eltern und Jugendlichen durchgesetzt werden, unterstreicht die NRV.
NRV: Gute Zusammenarbeit aller Akteure notwendig
Damit das funktioniert, sei eine gute Zusammenarbeit aller Akteure nötig, so die Richtervereinigung. Polizei und Staatsanwaltschaften müssten bei delinquentem Verhalten frühzeitig Jugendämter und Familiengerichte informieren. Auch das sehe die Rechtslage schon jetzt vor. Alle Akteure müssten fallunabhängig und auf kommunaler Ebene gut vernetzt sein, damit auch im Einzelfall gut agiert werden könne. Sehr wichtig sei schließlich, dass den Akteuren, insbesondere den Jugendämtern und den freien Trägern, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Dies sei nicht immer der Fall, kritisiert die NRV. Sparrunden hätten nicht nur im Bildungssektor, sondern auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ihre Spuren hinterlassen. "Wir haben nicht nur bei Schulen und Kindergärten Systeme, die an ihre Grenzen stoßen". Vielen Kommunen fehle auch das Geld, die Kinder- und Jugendhilfe wirklich gut auszustatten.
DAV: Kinder ohne Einsichtsfähigkeit für Recht und Unrecht
Die DAV bringt den Resozialisierungsgedanken ins Spiel. "Der Sinn von Strafe und die Wirksamkeit von Strafverschärfungen wird aus kriminologischer Sicht schon bei Erwachsenen in Frage gestellt", so der stellvertretende DAV-Hauptgeschäftsführer Swen Walentowski. Strafe bedürfe einer Einsichtsfähigkeit für Recht und Unrecht, die Kindern unter 14 Jahren in der Regel fehle. Auch bei älteren Jugendlichen sei die Strafmündigkeit deshalb nicht automatisch gegeben: "Gerichte können die Strafunmündigkeit von Jugendlichen – unabhängig vom Alter – feststellen, wenn diese nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung nicht reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln", erläutert Walentowski. Das Strafrecht sei deshalb nicht das geeignete Mittel, um auf solche Gewalttaten zu reagieren. Die "Vergeltung" gegenüber Kindern könne kein Teil unseres Justizsystems sein. Dies müsse bei der Debatte über eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters beachtet werden, konstatiert Walentowski.
NRV sieht keinen Anstieg von schwerer Delinquenz im Kindesalter
Schon die Grundannahme, dass harte Strafen die Begehung weiterer Straftaten verhindern, sei bei Kindern falsch, so die NRV, die zudem Aussagen zu einem "beunruhigenden Anstieg" von schwerer Delinquenz im Kindesalter entgegentritt. Den polizeilichen Kriminalstatistiken zufolge gebe es jährlich um die 20 solcher Fälle. Bei diesen sehr niedrigen Zahlen könne man aus den kleinen jährlichen Schwankungen in der Statistik gar nichts herleiten.