NPD boykottiert BVerfG-Verhandlung zur Parteienfinanzierung
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Die Verhandlung am Bundesverfassungsgericht über den Ausschluss der Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung hat ohne die NPD begonnen. Diese habe gut zwei Stunden vor Beginn der heutigen Verhandlung per Fax mitgeteilt, dass sie nicht von einem fairen Verfahren ausgehe und diesem daher fernbleibe, sagte die Senatsvorsitzende Doris König. Diesen Eklat werten Spitzenpolitiker als Bestätigung der Verfassungsfeindlichkeit der Partei, die jetzt Heimat-Partei heißt.

NPD hält Verfahren für “Schauprozess“

Da es keine Anwesenheitspflicht gebe, werde in Abwesenheit der Partei verhandelt, sagte König. Das Gericht prüft zum ersten Mal, ob einer mutmaßlich verfassungsfeindlichen Partei die staatlichen Mittel gestrichen werden. Angesetzt waren für die mündliche Verhandlung zwei Tage. Eine Entscheidung wird erst später erwartet. Die umbenannte Heimat-Partei erklärte auf ihrer Internetseite, sie lasse sich nicht “zum Statisten einer Justiz-Simulation machen“. Die Verhandlung werde zu einem “Schauprozess verkommen“. Damit werde ein Exempel statuiert, das möglicherweise künftig die AfD betreffe. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesratspräsident Peter Tschentscher nannten das Fernbleiben eine Missachtung des Gerichts, eines Verfassungsorgans. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (alle SPD) wertete es als Versuch, das Verfahren zu verzögern.

Verfassungsschutz bestätigt Verfassungsfeindlichkeit

Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang sagte, die Behörde habe zahlreiche Belege dafür vorgelegt, dass die Partei nach wie vor verfassungsfeindlich sei. Zwar würden keine nachrichtendienstlichen Mittel mehr in der Führungsebene eingesetzt. In allen Gremien, die entscheidungsbefugt seien, gebe es beispielsweise keine verdeckten Ermittler. Doch wisse der Verfassungsschutz genug über die Partei dank öffentlicher Auftritte und Äußerungen. Er "würde nicht von Blindheit sprechen, weil die Partei so hell strahlt", so Haldenwang. Seit 2017 habe sich an der Haltung der Partei nichts geändert, bestätigte Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung als Experte. Sie lehne die gegenwärtige Demokratie grundsätzlich ab, mache aus ihrer Verfassungsfeindlichkeit auch keinen Hehl und vermisse schmerzlich die Volksgemeinschaft. Er sprach von einer Kleinstpartei, die sich im Zerfallsprozess befinde.

Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung

Im Jahr 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der NPD abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte sah, dass diese ihre verfassungsfeindlichen Ziele erfolgreich durchzusetzen vermag. Es stellte aber fest, die Partei vertrete “ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept“. In dem damaligen Urteil heißt es zudem, der Gesetzgeber könne Möglichkeiten der Sanktionierung unterhalb der Schwelle des Parteiverbots schaffen. Das geschah dann in den folgenden Monaten mit einer Grundgesetzänderung und einem Gesetz zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung. Es folgte ein Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung an das Verfassungsgericht, die NPD einschließlich möglicher Ersatzparteien für sechs Jahre von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Entfallen sollen auch die steuerliche Begünstigung der Partei und Zuwendungen Dritter.

Bas: Unterstützung von Verfassungsfeinden mit Steuergeldern nicht vermittelbar

Es sei der Bevölkerung noch nie zu erklären gewesen, dass Verfassungsfeinde mit Steuermitteln unterstützt würden, sagte Bas. Das Verfahren sei “staatspolitisch von großer Bedeutung“. Ähnlich äußerten sich auch Faeser und Tschentscher in ihren Erklärungen. Parteien können gemäß Parteiengesetz Geld vom Staat für ihre Arbeit bekommen. Die Summe wird nach einem bestimmten Schlüssel berechnet, wobei unter anderem Wählerstimmen eine Rolle spielen. Um berechtigt zu sein, müssen Parteien Mindestanteile bei den jeweils jüngsten Wahlen auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene erreichen.

NPD rügt Verstoß gegen das Prinzip der Chancengleichheit

Da das der NPD zuletzt nicht gelang, bekam sie nach jüngsten Zahlen des Bundestags 2021 kein Geld. Ein Jahr zuvor waren es rund 370.600 Euro - zugute kamen ihr damals 3,02% der Stimmen bei der Landtagswahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2016, als der Partei mehr Wahlerfolge gemäß den Vorgaben angerechnet wurden, standen ihr noch über 1,1 Millionen Euro zu. Zur Einordnung: Die höchste Summe mit fast 51 Millionen Euro bekam damals die SPD. Aus Sicht der NPD verstößt die Neuregelung gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Chancengleichheit der Parteien als Kernelement des Demokratieprinzips. Sie halte die Änderung für verfassungswidrig und nichtig. Mit einem Antrag, genau das festzustellen, ist die Partei aber jüngst am Verfassungsgericht gescheitert.

BVerfG - 2 BvB 1/19

Redaktion beck-aktuell, 4. Juli 2023 (dpa).