Da­ten­schüt­zer Schrems legt sich mit Schu­fa an
© U. J. Alexander / Adobe Stock

Die eu­ro­päi­sche Da­ten­schutz-Or­ga­ni­sa­ti­on Noyb hat recht­li­che Schrit­te gegen die Schu­fa ein­ge­lei­tet. In einer Be­schwer­de beim zu­stän­di­gen Hes­si­schen Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten er­hebt der Ver­ein den Vor­wurf, dass die Wirt­schafts­aus­kunf­tei Ver­brau­chern bei der kos­ten­lo­sen Selbst­aus­kunft be­stimm­te Daten vor­ent­hal­te.

Hin­ter dem Ver­ein steht der ös­ter­rei­chi­sche Ak­ti­vist und Ju­rist Max Schrems, der be­reits zwei­mal vor dem EuGH wich­ti­ge Da­ten­ab­kom­men zwi­schen den USA und Eu­ro­pa ge­kippt hat. Nun knöpft er sich also die deut­sche Schu­fa vor. Die be­sag­ten Daten wür­den nur über eine kos­ten­pflich­ti­ge "Bo­ni­täts­aus­kunft" für knapp 30 Euro zur Ver­fü­gung ge­stellt, ob­wohl die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher ei­gent­lich nach der DS-GVO einen ge­setz­li­chen An­spruch auf eine voll­stän­di­ge Gra­tis­ko­pie hät­ten, so der Vor­wurf.

Bei der als "Da­ten­ko­pie" be­zeich­ne­ten DS-GVO-Selbst­aus­kunft teilt die Schu­fa auf An­fra­ge einen "Ba­siss­core" mit. Bei der kos­ten­pflich­ti­gen "Bo­ni­täts­aus­kunft" wer­den da­ge­gen ins­ge­samt sechs ver­schie­de­ne "Bran­chens­co­res" aus­ge­wie­sen. Noyb er­klär­te, damit stel­le die Schu­fa keine voll­stän­di­ge Da­ten­ko­pie be­reit, wie sie im Art. 15 DS-GVO vor­ge­schrie­ben sei.

Die Da­ten­schutz-Ak­ti­vis­ten stö­ren sich zudem daran, dass die Schu­fa sich für die Aus­stel­lung der DS-GVO-Selbst­aus­kunft deut­lich mehr Zeit nimmt als für die "Bo­ni­täts­aus­kunft". Bei Test­be­stel­lun­gen sei die be­zahl­pflich­ti­ge "Bo­ni­täts­aus­kunft" nach fünf Tagen im Brief­kas­ten ge­we­sen. Die kos­ten­lo­se Selbst­aus­kunft traf da­ge­gen erst eine Woche spä­ter ein.

Leid­tra­gen­de der Ge­schäfts­prak­ti­ken sind nach Dar­stel­lung von Noyb vor allem Woh­nungs­su­chen­de. Die Schu­fa mache die kos­ten­lo­se Selbst­aus­kunft auch in Such­ma­schi­nen wie Goog­le schwer auf­find­bar und werbe statt­des­sen für ihr be­zahl­pflich­ti­ges Pro­dukt mit dem Ver­spre­chen eines "Vor­teils am Woh­nungs­markt". Einen trans­pa­ren­ten Hin­weis auf die kos­ten­lo­se Aus­kunft nach Art. 15 DSGVO suche man ver­geb­lich.

Leid­tra­gen­de vor allem Woh­nungs­su­chen­de

Der Deut­sche Mie­ter­ver­bund (DMB) ver­wies dar­auf, dass viele Miet­in­ter­es­sen­ten ins­be­son­de­re in gro­ßen und nach­ge­frag­ten Städ­ten ge­ra­de­zu ge­nö­tigt wür­den, um­fas­sen­de Aus­kunft über sich zu er­tei­len. "Um die Bo­ni­tät des Mie­ters über­prü­fen zu kön­nen, ver­lan­gen Ver­mie­ter häu­fig die Vor­la­ge einer Schu­fa-Aus­kunft, einer Selbst­aus­kunft und einer Miet­schul­den­frei­heits­be­schei­ni­gung", sagte eine Spre­che­rin. Auch wenn der Ver­mie­ter dar­auf kei­nen An­spruch habe, hät­ten Mie­ter oft keine an­de­re Wahl, als die Un­ter­la­gen vor­zu­le­gen.

Zu den kon­kre­ten Vor­wür­fen von Noyb gegen die Schu­fa woll­te der DMB nicht Stel­lung neh­men. Er ver­wies aber dar­auf, dass Ver­mie­ter nicht un­be­grenzt Aus­künf­te ver­lan­gen dürf­ten. "Der Mie­ter ist nur ver­pflich­tet, wahr­heits­ge­mäß auf sol­che Fra­gen zu ant­wor­ten, die in di­rek­tem Zu­sam­men­hang mit dem Miet­ver­trag ste­hen." Er­kun­di­ge sich der po­ten­zi­el­le Ver­mie­ter nach dem Net­to­ein­kom­men, dem Ar­beits­ver­hält­nis oder der Zahl der Haus­halts­mit­glie­der, soll­te der Mie­ter die Fra­gen wahr­heits­ge­mäß be­ant­wor­ten. Per­sön­li­che Fra­gen bei­spiels­wei­se nach der Re­li­gi­on, einer be­stehen­den Krank­heit, Vor­lie­ben und Hob­bys, einer Par­tei­mit­glied­schaft oder einer Schwan­ger­schaft müss­ten da­ge­gen nicht wahr­heits­ge­mäß be­ant­wor­tet wer­den. Eine Stel­lung­nah­me der Schu­fa lag zu­nächst nicht vor.

Vor kur­zem hat das Bun­des­ka­bi­nett einen Ge­setz­ent­wurf ver­ab­schie­det, mit dem die Rech­te von Ver­brau­cherinnen und Ver­brau­chern ge­gen­über Wirt­schafts­aus­kunf­tei­en wie der Schu­fa gestär­kt wer­den sol­len. Damit re­agierte die Bun­des­re­gie­rung auf ein Ur­teil des EuGH, in wel­chem die­ser klar­ge­stellt hat, dass so­wohl das "Sco­ring" als auch die län­ge­re Spei­che­rung von In­for­ma­tio­nen über die Er­tei­lung einer Rest­schuld­be­frei­ung gegen die DS-GVO ver­sto­ßen.

Redaktion beck-aktuell, mm, 16. Februar 2024 (dpa).

Mehr zum Thema