Niedersachsen verbietet Richtern und Staatsanwälten Tragen religiöser Symbole
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© Karl-Josef Hildenbrand / dpa
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Richter und Staatsanwälte in Niedersachsen dürfen künftig im Gerichtssaal keine Gegenstände und Kleidungstücke tragen, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen. Dies beschloss am 12.05.2020 der niedersächsische Landtag. Nur die Grünen stimmten gegen die von ihnen als "Kopftuchverbot“ kritisierte Regelung.

Neutralität der Justiz

Mit dem Gesetz soll die Neutralität der Justiz gestärkt werden, wie Justizministerin Barbara Havliza (CDU) in ihrer Rede vor dem Niedersächsischen Landtag betonte. Dies sei zwar in erster Linie eine innere Haltung der Richter und Staatsanwälte. Diese müsse aber auch nach außen erkennbar zum Ausdruck kommen. Schon jeder Anschein, die Art und Weise der Verfahrensführung oder der Inhalt einer Entscheidung könnte durch die religiöse, weltanschauliche oder politische Einstellung beeinflusst sein, würde bei den Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit zu einem Vertrauens- und Akzeptanzverlust führen.

Regelung verfassungsrechtlich zulässig

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Regelung steht aus Sicht von Havliza nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot von Rechtsreferendarinnen von Mitte Januar dieses Jahres außer Zweifel. Karlsruhe habe darin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung des Gesetzgebers für eine solche Neutralitätspflicht aus verfassungsrechtlicher Sicht zu respektieren und mit dem Grundgesetz vereinbar ist, so die Ministerin.

BVerfG: Situation bei Referendarinnen und Lehrerinnen nicht vergleichbar

Der Konflikt zwischen der Religionsfreiheit der Gläubigen und der Neutralität des Staates hat das Gericht immer wieder beschäftigt. Die jüngste Entscheidung betraf das Kopftuchverbot für den Sitzungsdienst von Rechtsreferendarinnen in Hessen. In Abgrenzung zu seiner Rechtsprechung zum Kopftuchverbot von Lehrerinnen hebt das BVerfG in diesem Beschluss hervor, dass der Staat in der Justiz anders als in der Schule Hoheitsgewalt ausübe. Da dies den Bürger stärker beeinträchtigen könne, müsse er sich dort mehr zurückhalten. Der Eingriff in die Glaubensfreiheit sei daher in der Justiz durch die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gerechtfertigt.

Referendarinnen wollen Kopftuch tragen

Ähnliche Vorschriften wie in Hessen gibt es auch in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin. In anderen Bundesländern gibt es keine Regelungen, auch weil sich das Problem dort bisher nie stellte. Für Niedersachsen teilte das Justizministerium kürzlich mit, dass es bislang keine Richterin gebe, die ein Kopftuch tragen wolle. Rechtsreferendarinnen meldeten sich hingegen regelmäßig mit dem Wunsch, auch im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen.

Redaktion beck-aktuell, 13. Mai 2020 (dpa).