Nie­der­la­ge für Läu­fe­rin Se­menya in Streit um Tes­to­ste­ron-Limit

Das Schwei­zer Bun­des­ge­richt hat eine Be­schwer­de der zwei­ma­li­gen 800-Meter-Olym­pia­sie­ge­rin Cas­ter Se­menya zu­rück­ge­wie­sen. Die Süd­afri­ka­ne­rin war damit gegen ein Ur­teil des In­ter­na­tio­na­len Sport­ge­richts­ho­fes Cas vor­ge­gan­gen. Im Kern des lang­wie­ri­gen Rechts­streits ging es um eine um­strit­te­ne Regel des Leicht­ath­le­tik-Welt­ver­ban­des zum Tes­to­ste­ron-Limit für Mit­tel­stre­cken­läu­fe­rin­nen mit in­ter­se­xu­el­len An­la­gen.

Ohne Sen­kung des Tes­to­ste­ron-Wer­tes keine Teil­nah­me an be­stimm­ten Wett­be­wer­ben

Die Regel ver­langt, dass Se­menya ihren na­tür­li­chen Tes­to­ste­ron-Wert durch Me­di­ka­men­te senkt, dies lehnt die 29-Jäh­ri­ge ab. Für den Ver­band da­ge­gen ge­hört Se­menya zu den "bio­lo­gisch männ­li­chen Ath­le­ten mit weib­li­chen Ge­schlechts­iden­ti­tä­ten". Sie darf daher nicht an Wett­be­wer­ben über 400 Meter bis zu einer Meile star­ten. Mit ihrem Ein­spruch gegen die Regel war Se­menya im Mai 2019 eben­so wie der süd­afri­ka­ni­sche Leicht­ath­le­tik-Ver­band vor dem Cas ge­schei­tert. Auch er hatte Be­schwer­de beim Bun­des­ge­richt ein­ge­legt.

Bun­des­ge­richt ver­weist auf seine be­schränk­te Prü­fungs­kom­pe­tenz

Das Bun­des­ge­richt ver­wies in sei­nem am 08.09.2020 ver­öf­fent­lich­ten Ur­teil dar­auf, dass es die Cas-Ent­schei­dung kei­ner frei­en recht­li­chen Kon­trol­le un­ter­zie­hen könne, son­dern sich bei der Prü­fung von Ge­set­zes wegen dar­auf be­schrän­ke, ob das Ur­teil gegen grund­le­gen­de und weit­hin an­er­kann­te Prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung ver­sto­ße. Dies sei nicht der Fall.

Fair­ness bei sport­li­chem Wett­kampf le­gi­ti­mes An­lie­gen

Der Cas hat aus Sicht des Bun­des­ge­rich­tes mit Hilfe von Ex­per­ten ver­bind­lich fest­ge­stellt, dass Tes­to­ste­ron der Haupt­fak­tor für die un­ter­schied­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit der Ge­schlech­ter in der Leicht­ath­le­tik dar­stellt. Mit Blick auf einen Wett­be­werbs­vor­teil er­klär­te das Bun­des­ge­richt, auf Basis der ge­mach­ten Fest­stel­lun­gen sei der Cas-Ent­scheid nicht zu be­an­stan­den. Die Fair­ness beim sport­li­chen Wett­kampf sei ein le­gi­ti­mes An­lie­gen und bilde ein zen­tra­les Prin­zip des Sports.

Men­schen­wür­de und Per­sön­lich­keits­recht ge­wahrt 

Auch eine Ver­let­zung der Per­sön­lich­keit und der Men­schen­wür­de Se­menyas sah das Bun­des­ge­richt in dem Cas-Ur­teil nicht. "Die me­di­zi­ni­schen Ab­klä­run­gen und die al­len­falls not­wen­di­ge me­di­ka­men­tö­se Sen­kung des Tes­to­ste­ron­spie­gels stel­len zwar einen er­heb­li­chen Ein­griff in die kör­per­li­che In­te­gri­tät dar. Der Kern­be­reich die­ses Rechts wird je­doch nicht be­rührt", hieß es. Die drei­fa­che Welt­meis­te­rin Se­menya hatte im März 2020 an­ge­kün­digt, künf­tig über 200 Meter zu star­ten.

Leicht­ath­le­tik-Welt­ver­band be­grü­ßt Ent­schei­dung

Der Leicht­ath­le­tik-Welt­ver­band World Ath­le­tics be­grü­ß­te das Ur­teil in einer Stel­lung­nah­me und un­ter­strich, man setze sich für die volle Be­tei­li­gung von Frau­en im Welt­sport ein. Die per­sön­li­che Würde werde voll­stän­dig re­spek­tiert, eben­so das Recht auf kör­per­li­che In­te­gri­tät. Der Ver­band wies in sei­ner Re­ak­ti­on mehr­fach dar­auf hin, dass es ihm um sport­li­che Fair­ness gehe.

Redaktion beck-aktuell, 9. September 2020 (dpa).

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