Nichtbescheidung von Adhäsionsantrag kann Willkür sein

Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer aktuellen Entscheidung die Gelegenheit genutzt, um den korrekten Umgang mit Adhäsionsanträgen ins Gedächtnis zu rufen. Die Entscheidung eines Amtsgerichts den gestellten Adhäsionsantrag auf Schmerzensgeld nicht zu bescheiden, sah es als willkürlich an und stellte eine "umfassende Missachtung der Vorgaben des § 406 StPO" fest.

Opfer einer Körperverletzung begehrt Schmerzensgeld

Der Beschwerdeführer verlangte im Rahmen der strafrechtlichen Hauptverhandlung durch Adhäsionsantrage unter anderem Schmerzensgeld. Das Amtsgericht verurteilte die Täter zwar und erlegte ihnen als Bewährungsauflage auch die Zahlung einer gewissen Summe an das Opfer auf. Jedoch sah es von der Bescheidung der Adhäsionsantrage mangels Eignung für die Erledigung im Strafverfahren, § 406 Abs. 1 Satz 6 StPO, ab. Das BVerfG wertete diese Entscheidung als willkürlich.

Strafgericht muss sich mit einschlägiger Norm auseinandersetzen

Das Verfassungsgericht zeigte eine Reihe von schweren Fehlern in der Entscheidung auf. Das Absehen von der Entscheidung wegen Ungeeignetheit sei bei einem Schmerzensgeldantrag schon nach dem Gesetz ausgeschlossen. Darüber hinaus habe sich das Gericht keine Gedanken darüber gemacht, ob mittels Grundurteil der Schmerzensgeldanspruch habe zuerkannt werden können - was angesichts der Verurteilung der Täter nahe gelegen hätte. Das Urteil des Strafgerichts sei daher "unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar" und beinhalte eine "umfassende Missachtung der Vorgaben des § 406 StPO", so die Verfassungsrichter.

BVerfG, Beschluss vom 27.05.2020 - 2 BvR 2054/19

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2020.