New York will Recht auf Abtreibung in Verfassung verankern – Biden kritisiert Supreme Court

Nach der historischen Abtreibungs-Entscheidung des US-Supreme Court will der Bundesstaat New York das Recht auf Abtreibung nun in seiner Verfassung festschreiben. Unterdessen hat US-Präsident Joe Biden das Oberste US-Gericht erneut mit scharfen Worten attackiert. Der Supreme Court hatte das liberale Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten im vergangenen Monat nach einem halben Jahrhundert gekippt. 

Geplante Verfassungsänderung langer Prozess

Das Parlament des Bundesstaat New York brachte am späten Freitagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Albany eine Änderung der bundesstaatlichen Verfassung auf den Weg. Die außerordentliche Sitzung hatte die demokratische Gouverneurin Kathy Hochul einberufen. Der Beschluss in Albany ist nach einem Bericht der "New York Times" allerdings nur der erste Schritt eines Jahre dauernden Prozesses. Die Änderung muss nach der nächsten Wahl abermals durchs Parlament, bevor auch New Yorks Wähler per Referendum darüber abstimmen.

Auch Diskriminierung wegen sexueller Orientierung soll verboten werden

Mit der Verfassungsänderung will der Staat New York das Recht auf Abtreibung und den Zugang zu Verhütung garantieren. Zudem soll der Regierung explizit verboten werden, jemanden wegen einer Schwangerschaft oder wegen seiner sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Der "New York Times" zufolge soll das Verbot weiteren Entscheidungen vorgreifen, die der Supreme Court treffen könnte – etwa in Hinblick auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Das mehrheitlich konservativ besetzte Gericht hatte mit seiner Entscheidung den Weg für strengere Abtreibungsgesetze in konservativen Teilen der USA freigemacht. Der Bundesstaat New York mit der gleichnamigen Metropole gehört zu den liberalsten US-Bundesstaaten.

Biden bezeichnet Supreme Court als extremistisch

Unterdessen hat Biden den Supreme Court mit scharfen Worten kritisiert. "Ich teile die öffentliche Empörung über dieses extremistische Gericht", sagte er am Freitag bei einer Schalte mit Gouverneurinnen und Gouverneuren. Das Gericht wolle Amerika in die Vergangenheit zurückversetzen und Rechte beschneiden. Unter Ex-Präsident Donald Trump ist der Supreme Court weit nach rechts gerückt. Biden deutete auch an, dass er vor den Kongresswahlen im Herbst keine Möglichkeit sieht, eine uralte Regel im Senat auszusetzen, um in den USA per Gesetz ein landesweites Recht auf Abtreibung durchzusetzen.

Filibuster bereitet Bidens Demokraten Schwierigkeiten

"Im Moment haben wir nicht die Stimmen im Senat", sagte er. Er hoffe, dass sich das nach den Wahlen im November ändern werde. Bidens Demokraten haben im Senat aktuell nur eine hauchdünne Mehrheit. Sie kontrollieren 50 Sitze, also exakt die Hälfte – und werden daher regelmäßig vom sogenannten Filibuster ausgebremst. Hinter der Aussetzung des Filibusters stehen auch nicht alle Demokraten. Der Senator Joe Manchin aus West Virginia und die Senatorin Kyrsten Sinema aus Arizona hatten sich bereits in der Vergangenheit dagegen ausgesprochen.

Biden warnt vor landesweitem Abtreibungsverbot

Der Filibuster ist eine mehr als 100 Jahre alte Regelung, die besagt, dass bei vielen Gesetzesvorhaben 60 der 100 Senatoren einem Ende der Debatte zustimmen müssen, damit es überhaupt zu einem Votum in der Kongresskammer kommen kann. Biden warnte davor, dass die Republikaner im Herbst genug Stimmung bekommen können, um ein Gesetz durch den Kongress zu bringen, das Abtreibungen landesweit verbietet.

Supreme Court bremste auch Bidens Klimaagenda aus

Der Supreme Court hatte das Recht auf Abtreibung vergangene Woche gekippt und argumentiert, es sei nicht in der Verfassung verankert. Da es kein landesweites Gesetz gibt, das das Recht schützt, liegt die Gesetzgebung nun bei den Bundesstaaten. Das Gericht hatte am Donnerstag auch Bidens Klimaagenda mit einer Entscheidung deutlich ausgebremst. In der kommenden Sitzungsperiode verhandelt es unter anderem einen Fall zum Wahlrecht, der erhebliche Folgen für die Präsidentenwahl 2024 haben könnte.

Redaktion beck-aktuell, 4. Juli 2022 (dpa).