Mit dem Ziel eines verbesserten Kinder- und Jugendschutzes hat der Bundestag ein umfangreiches Gesetzespaket verabschiedet. Die in der Nacht zum 30.06.2017 beschlossenen Maßnahmen sehen unter anderem eine engere Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern und anderen Behörden vor. Das Gesetz benötigt allerdings noch die Zustimmung des Bundesrats. Verabschiedet wurde außerdem eine Gesetzesänderung, nach der die Fixierung Minderjähriger künftig vom Richter genehmigt werden muss.
Keine Neuregelung bei Pflegefamilien
Ein Kernstück der Reform wurde kurzfristig aus dem Gesetzentwurf herausgenommen und auf die nächste Wahlperiode verschoben: Ursprünglich waren Regeln vorgesehen, um die Situation von Kindern in Pflegefamilien zu stabilisieren. Das Vorhaben, das Recht der leiblichen Eltern auf Rückkehr eines Pflegekindes zu beschneiden, war innerhalb der großen Koalition jedoch umstritten und deshalb nicht umsetzbar.
Behörden sollen besser kooperieren
Um Kinder vor Gewalt zu schützen soll jedoch die Kooperation von Jugendämtern, Justiz und Ermittlern verbessert werden. Auch die Zusammenarbeit von Jugendämtern und Ärzten will man mit der Reform ausweiten – etwa beim Verdacht auf Missbrauch. Ferner ist die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle vorgesehen, die Kindern und Jugendlichen Hilfe und Beratung bieten soll.
Freiheitsentzug nur noch mit richterlicher Genehmigung
Freiheitsentzug für Kinder ist künftig nur noch mit einer richterlichen Genehmigung zulässig. Damit ist etwa eine körperliche Fixierung oder eine medikamentöse Ruhigstellung in Krankenhäusern und Heimen künftig an die Entscheidung eines Familiengerichts geknüpft. Bislang war das nur bei erwachsenen Patienten erforderlich, bei Minderjährigen genügte die Zustimmung der Eltern. Wenn die Eltern eine Maßnahme ablehnen, darf sie grundsätzlich nicht durchgeführt werden. In einem solchen Fall kommt das Gericht gar nicht erst zum Zug.
Redaktion beck-aktuell, 30. Juni 2017 (dpa).
Zum Thema im Internet
Den ursprünglichen Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (BT-Drs. 18/12330) sowie die dazugehörige Beschlussempfehlung mit Änderungen (BT-Drs. 18/12946) finden Sie auf der Internetseite des Bundestages.
Ebenso finden Sie den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern (BT-Drs. 18/11278) sowie die dazugehörige Beschlussempfehlung mit Änderungen (BT-Drs. 18/12938) auf der Internetseite des Bundestages.
Aus der Datenbank beck-online
Hoffmann, Zwangsbehandlung Minderjähriger vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG und des BGH, NZFam 2015, 985
Aus dem Nachrichtenarchiv
Familienausschuss: Geplantes Kinder- und Jugendstärkungsgesetz von Experten überwiegend kritisiert, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 20.06.2017, becklink 2006998
Parlament berät Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.05.2017, becklink 2006710
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 12.04.2017, becklink 2006369
Gesetzentwurf: Fixierung Minderjähriger muss künftig von Richter genehmigt werden, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 03.03.2017, becklink 2005930
BGH, Einwilligung der Eltern reicht aus für nächtliche Fixierung eines Kindes in offener Einrichtung, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 04.09.2013, becklink 1028431