Neues Staatsangehörigkeitsgesetz tritt in Kraft
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Kürzere Einbürgerungsfristen und Mehrstaatigkeit: Das neue Staatsangehörigkeitsgesetz ist am Donnerstag in Kraft getreten. Damit hat die Ampel-Koalition eines ihrer zentralen Vorhaben in der Migrationspolitik verwirklicht.

Erst im Dezember 2023 hatte die Ampel-Koalition ihren Streit um das Staatsangehörigkeitsgesetz beigelegt. Das von ihr formulierte Gesetz sieht vor, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nun schon nach fünf statt bisher acht Jahren besteht – vorausgesetzt der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen. Nachgewiesen werden müssen unter anderem eine gelungene Integration, gute Deutschkenntnisse sowie die eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes.

Bei besonderen Integrationsleistungen sollen Ausländerinnen und Ausländer bereits nach drei Jahren Deutsche werden können. Voraussetzungen für die schnellere Einbürgerung sind gute Leistungen in Schule oder Job, hervorragende Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement. Mehrstaatigkeit wird generell zugelassen. Auch der Doppelpass war lange Zeit unter Experten ein Streitthema.

Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern erhalten ab sofort die deutsche Staatsangehörigkeit und können die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf – statt bisher acht – Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die sogenannte Optionsregelung, die bisher für nicht in Deutschland aufgewachsene junge Menschen galt, entfällt. Um die Leistungen der DDR-Vertragsarbeiter und der sogenannten Gastarbeiter zu würdigen, wurden für diese Gruppen die Anforderungen für eine Einbürgerung gesenkt.

"Staatsangehörigkeitsrecht auf der Höhe der Zeit"

"Darauf haben viele seit Jahrzehnten gewartet", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD). Deutschland habe mit der Reform "endlich ein Staatsangehörigkeitsrecht auf der Höhe der Zeit". Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich sehr zufrieden: "Unsere Reform ist ein Bekenntnis zu einem modernen Deutschland. Wir stärken damit den Standort Deutschland. Denn im weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe müssen wir Fachkräften die Perspektive geben, in absehbarer Zeit voll und ganz Teil unserer Gesellschaft werden zu können."

Die FDP wies ihrerseits darauf hin, dass die Hürden für die Einbürgerung trotz der kürzeren Fristen insgesamt nicht gesenkt würden. "Den deutschen Pass zu bekommen, geht künftig schneller, wird aber schwerer, denn die Voraussetzungen für die Einbürgerung wurden deutlich verschärft", sagte der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae. Denn wer Deutscher werden wolle, müsse anders als bisher finanziell auf eigenen Beinen stehen, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete. "Zudem verschärfen wir Prüfungen, damit Antisemiten und Menschen, die unsere Werte nicht teilen, nicht eingebürgert werden", fügte er hinzu.

Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss sich zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen. Dazu gehörten insbesondere die Würde und Gleichheit aller Menschen, so das Bundesinnenministerium. Hierzu wird im neuen Regelwerk explizit klargestellt, dass antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. Einbürgerungsbewerber müssen sich künftig auch zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, bekennen. Ein unrichtiges Bekenntnis schließt jede Einbürgerung strikt aus.

Trotz hoher Hürden mehr Einbürgerungen erwartet

Der Deutsche Landkreistag rechnet trotz hoher Hürden mit einer deutlichen Zunahme der Einbürgerungen. "Wir schätzen, dass sich die Zahl der Einbürgerungsanträge verdoppeln, teilweise verdreifachen wird", sagte Präsident Reinhard Sager der "Bild"-Zeitung (Donnerstag). Schon in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Einbürgerungen stark gestiegen: 2023 wurden in Deutschland rund 200.100 Ausländer eingebürgert – und damit so viele wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Laut Statistischem Bundesamt waren es im Vergleich zum Vorjahr rund 31.000 (plus 19%) mehr, nachdem die Zahl schon 2022 um rund 37.000 (plus 28%) gestiegen war.

Um eine bundesweit einheitliche Umsetzung des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes zu ermöglichen, hat das Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben bereits vorläufige Anwendungshinweise dazu an die Länder geschickt. Diese haben allerdings für die Länder, deren Behörden die Einbürgerungen vornehmen, keinen bindenden Charakter, wie ein Sprecher erläuterte. "Die Praxis der vergangenen Jahre hat jedoch gezeigt, dass die Länder sich an den Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums orientieren, damit die gesetzlichen Regelungen zum Staatsangehörigkeitsrecht einheitlich angewandt werden", erklärte er gegenüber der dpa.

So beinhalten die an die Länder übermittelten Anwendungshinweise etwa Hinweise, was Anhaltspunkte für ein nicht wirksames "Lippenbekenntnis" zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und zur "besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen" sein könnten. Dazu zählten beispielsweise "Aufrufe zur Vernichtung des Staates Israel" und entsprechende Sympathiebekundungen in den sozialen Medien, ebenso "Kriegshetze" und homophobe Handlungen.

Praktische Hinweise gibt das Bundesinnenministerium den Ländern auch dazu, wie festzustellen ist, ob jemand, der als Angehöriger der sogenannten Gastarbeiter-Generation keinen schriftlichen Sprachnachweis erbringen muss, zumindest über ausreichende mündliche Sprachkenntnisse verfügt.

Erleichterungen in Härtefällen

Konkrete Hinweise gibt es auch zu der nunmehr eingeschränkten Möglichkeit einer sogenannten Ermessenseinbürgerung. Die kommt zum Beispiel aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung infrage oder wenn jemand wegen der Pflege von Angehörigen seinen Lebensunterhalt nicht vollständig allein bestreiten kann. Dazu heißt es aus Ministeriumskreisen, Voraussetzung für eine Einbürgerung auf Basis der Härtefallregelung sei, dass jemand, der einer der im Gesetz genannten "vulnerablen Personengruppen" angehöre, "alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare" getan habe, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern und dennoch, ganz oder teilweise, auf öffentliche Leistungen angewiesen sei.

Da die Einbürgerung für alle Beteiligten ein Grund zum Feiern ist, sieht das Staatsangehörigkeitsgesetz vor, dass die Einbürgerungsurkunde nach Möglichkeit in einem feierlichen Rahmen in einer öffentlichen Einbürgerungsfeier ausgehändigt werden soll.

Redaktion beck-aktuell, gk, 27. Juni 2024 (ergänzt durch Material der dpa).