Maßnahmen der Verordnung zum Teil-Lockdown halten vor Gerichten stand

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat mit Beschluss vom 05.11.2020 die neuen Beherbergungs-Beschränkungen durch die seit dem 02.11.2020 geltende Corona-Verordnung der Landesregierung bestätigt. Auch vor Gerichten in anderen Bundesländern gab es keine - in Eilverfahren - durchgreifenden Bedenken gegen das Beherbergungsverbot oder gegen Schließungsanordnungen für Gastronomie oder andere Betriebsstätten.

VGH Mannheim hinterfragt Ermächtigung zu Maßnahmen

Der VGH Mannheim hat den Eilantrag eines Urlaubers abgelehnt, der für den Zeitraum vom 07. bis 13.11.2020 ein Hotelzimmer in Heidelberg gebucht hat. Der Erste Senat führt zur Begründung der Ablehnung des Antrags aus, insbesondere in einer Pandemielage mit diffusem Infektionsgeschehen könne es - zur Vermeidung eines vollständigen Lockdowns - sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen geben. Im Eilverfahren offen sei allerdings, ob solche Differenzierungen, für die es keine rein infektionsschutzrechtlichen Gründe gebe, vom Verordnungsgeber oder nur vom parlamentarischen Gesetzgeber vorgenommen werden dürfen. Diese Frage stelle sich umso dringlicher, wenn die Landesregierung Ungleichbehandlungen zu einem Zeitpunkt vornehme, zu dem die Grundrechtsträger bereits über einen längeren Zeitraum erheblichen Grundrechtseingriffen zur Bekämpfung einer Pandemie ausgesetzt gewesen seien. Ob das neue Beherbergungsverbot für privat Reisende den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG und des Parlamentsvorbehalts genüge, sei daher offen. Ob der Antragsteller in der Hauptsache Erfolgsaussichten habe, stehe mithin noch nicht fest.

Umsatzkompensationen und Notwendigkeiten des Gesundheitsschutzes sprechen für Rechtmäßigkeit

Der Eingriff in das Grundrecht der Betriebsinhaber auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei mit Blick auf die staatlichen Maßnahmen zur Umsatzkompensation jedoch voraussichtlich verhältnismäßig. Dies gelte auch für den Antragsteller als Urlaubsgast. Die mit dem Verzicht auf den geplanten Urlaub und den fehlenden Möglichkeiten zur Umplanung desselben im November 2020 einhergehenden Nachteile seien zwar von einigem Gewicht. Jedoch komme den gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands ein größeres Gewicht zu.

OVG Schleswig: Verordnungen auch weiterhin auf IfSG stützbar

In zwei Verfahren hat auch das Oberverwaltungsgericht Schleswig zugunsten der Maßnahmen entschieden. Es spreche vieles dafür, dass die angegriffene Regelung einer rechtlichen Überprüfung standhalten werde. Die verfahrensmäßigen Anforderungen an den Erlass einer Verordnung seien gewahrt. Zudem sei die Verordnung vom Infektionsschutzgesetz gedeckt. Das Infektionsschutzgesetz selbst verstoße nicht gegen den Parlamentsvorbehalt (Wesentlichkeitstheorie). Es komme zwar zu erheblichen Grundrechtseingriffen, doch seien diese gemäß der Verordnung zeitlich begrenzt und sollten nach zwei Wochen evaluiert werden. Das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen in den vergangenen (Herbst-)Wochen habe ein umgehendes Tätigwerden des Verordnungsgebers unter vorheriger Verständigung mit den anderen Bundesländern erfordert. Die bezweckte rasche Eindämmung des Pandemiegeschehens wäre mit dem Erlass eines formellen Parlamentsgesetzes nicht zu erreichen gewesen. Da sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen könnten, nicht im Vorfeld bestimmen lasse, sei weiterhin davon auszugehen, dass die Verordnung auch auf die als Generalklausel ausgestaltete gesetzliche Grundlage gestützt werden könne.

OVG Niedersachsen bestätigt Schließungen von Fitnessstudios und Gaststätten

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit mehreren Beschlüssen vom 06.11.2020 Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der Schließung von Fitnessstudios durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020 (Az.: 13 MN 433/20 u.a.) sowie der grundsätzlichen Schließung von Gastronomiebetrieben durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung abgelehnt (Az.: 13 MN 411/20 u.a.).. Für den Senat sei derzeit offen, ob die Vorschriften in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären seien. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens ergebe die Folgenabwägung, dass der durch die Schließungsanordnung bewirkte Eingriff gegenwärtig hinzunehmen sei.

Keine milderen Mittel erkennbar

Gegenüber der Betriebsschließung mildere Mittel seien nicht auszumachen. Der Senat erkenne durchaus, dass die Betreiberinnen und Betreiber der Fitnessstudios ebenso wie die Gastwirte in den vergangenen Monaten erhebliche Arbeitskraft und finanzielle Mittel in die Umsetzung von Hygienekonzepten investiert hätten. Eine gewisse Wirksamkeit der Konzepte sei zwar nicht zu leugnen. Es sei angesichts der derzeitigen Infektionsdynamik aber nicht festzustellen, dass diese Konzepte infektionsschutzrechtlich eine vergleichbare Effektivität aufwiesen wie die Betriebsschließungen. Zudem könne die Wirksamkeit der Konzepte mangels belastbarer tatsächlicher Erkenntnisse zum konkreten Infektionsumfeld nicht konkretisiert werden. Der Senat vermochte im Eilverfahren nicht abschließend zu beurteilen, ob die Verordnungsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren ist. Die Betriebsschließungen beruhten jedenfalls auf der nicht sachfremden Erwägung, dass ein ganz erheblicher Teil der für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte von vorneherein verhindert werden müsse. 

Auch in Brandenburg und Bayern bestätigen Gerichte die Schließungen

Bereits in den vergangenen Tagen hatten Gerichte in Bayern bezüglich des Verbots der Beherberung von Gästen und der Schließung von Gaststätten die Regeln der dortigen Verordnung bestätigt. Und in Brandenburg musste sich ein Tattoo-Studio mit der Schließung abfinden. 

VGH Mannheim, Beschluss vom 05.11.2020 - 1 S 3405/20

Redaktion beck-aktuell, 6. November 2020.