Neuer BFH-Präsident harrt vergeblich seiner Ernennung

An Deutschlands höchstem Finanzgericht haben die seit einem Jahr andauernden Querelen um die Führungsspitze bislang kein Ende: Hans-Josef Thesling, designierter neuer Präsident des Bundesfinanzhofs, harrt seit vier Monaten seiner Ernennung, obwohl Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Urkunde bereits im März unterschrieben hatte. Doch überreicht wurde die Urkunde Thesling bislang noch nicht, es gibt noch Klärungsbedarf.

BFH bereits seit einem Jahr führungslos

An diesem Samstag jährt sich die Verabschiedung des früheren BFH-Präsidenten Rudolf Mellinghoff in den Ruhestand. Seither ist das in München sitzende Bundesgericht führungslos. Immerhin hat das Verwaltungsgericht München mittlerweile eine Konkurrentenklage eines ebenfalls am BFH-Präsidentenstuhl interessierten Kandidaten gegen Theslings Berufung abgewiesen. Das teilte ein Sprecher des VG auf Anfrage mit. Allerdings läuft noch die zweiwöchige Einspruchsfrist, sodass dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Streit wegen Nichterfüllung des "Anforderungsprofils"

Um die Berufung Theslings und insbesondere um die als Vizepräsidentin vorgesehene Finanzrichterin Anke Morsch gab und gibt es heftigen Streit. Beide erfüllen das 2016 vom Bundesjustizministerium mit den Präsidenten der Bundesgerichte vereinbarte "Anforderungsprofil" nicht. Dieses sieht vor, dass der Beförderung auf eine Führungsposition an einem der Bundesgerichte in der Regel eine fünfjährige Tätigkeit dort vorangehen soll. Weder Thesling noch Morsch haben bundesrichterliche Erfahrung. Die Kritiker am BFH und im Deutschen Richterbund sehen die Berufungen deswegen als politisch motiviert. Thesling gilt als CDU-Mann, Morsch war im Saarland ehedem SPD-Staatssekretärin im dortigen Landesjustizministerium.

Vier Konkurrentenklagen gegen designierte Vizepräsidentin anhängig

Am BFH hat sich der Widerstand vor allem gegen Morsch gewendet, da die Vizes sehr viel stärker in die Rechtsprechung eingebunden sind als die Präsidenten. Derzeit sind am Münchner VG insgesamt vier Konkurrentenklagen gegen Morsch anhängig. "Schriftsätze werden aktuell weiterhin ausgetauscht", erklärte ein Sprecher. "Ein konkreter Entscheidungstermin kann noch nicht genannt werden."

Redaktion beck-aktuell, 29. Juli 2021 (dpa).