Neue Straf­vor­schrif­ten in Kraft

Heute tritt ein Ge­setz in Kraft, das das deut­sche Straf­recht in meh­re­ren Punk­ten fort­ent­wi­ckelt. Ver­bes­sert wird der straf­recht­li­che Schutz gegen so­ge­nann­te Fein­des­lis­ten (§ 126a StGB). Der neue Straf­tat­be­stand des § 176e StGB stellt Ver­brei­tung und Be­sitz von An­lei­tun­gen zu se­xu­el­lem Miss­brauch von Kin­dern unter Stra­fe. Der neue Straf­tat­be­stand "Ver­het­zen­de Be­lei­di­gung" des § 192a StGB ver­bes­sert den straf­recht­li­chen Schutz vor Her­ab­wür­di­gung auf­grund na­tio­na­ler, ras­si­scher, re­li­giö­ser oder eth­ni­scher Her­kunft, der Welt­an­schau­ung, der Be­hin­de­rung oder der se­xu­el­len Ori­en­tie­rung.

Straf­bar­keit so­ge­nann­ter Fein­des­lis­ten

Fein­des­lis­ten sind Samm­lun­gen von Daten (ty­pi­scher­wei­se Adress­da­ten), die vor­nehm­lich im In­ter­net ver­öf­fent­licht wer­den, um den Ein­druck zu ver­mit­teln, Be­trof­fe­ne seien schutz­los und könn­ten Opfer einer Straf­tat wer­den. Be­trof­fe­ne kön­nen da­durch ein­ge­schüch­tert und ge­walt­be­rei­te Täter zu Straf­tra­ten mo­ti­viert wer­den. Ab heute gilt: Mit Frei­heits­stra­fe bis zu zwei Jah­ren oder Geld­stra­fe gemäß § 176e StGB kann be­straft wer­den, wer öf­fent­lich, in einer Ver­samm­lung oder durch Ver­brei­ten eines In­halts per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten einer an­de­ren Per­son in einer Art und Weise ver­brei­tet, die ge­eig­net und be­stimmt ist, die be­trof­fe­ne oder eine ihr na­he­ste­hen­de Per­son der Ge­fahr einer ge­wich­ti­gen Straf­tat aus­zu­set­zen. Hier­un­ter fal­len Ver­bre­chen sowie sons­ti­ge rechts­wid­ri­ge Taten, die sich gegen die se­xu­el­le Selbst­be­stim­mung, die kör­per­li­che Un­ver­sehrt­heit, die per­sön­li­che Frei­heit oder gegen eine Sache von be­deu­ten­dem Wert rich­ten. Wenn nicht all­ge­mein zu­gäng­li­che Daten ver­brei­tet wer­den, kön­nen bis zu drei Jahre Frei­heits­stra­fe oder Geld­stra­fe ver­hängt wer­den. Be­richt­erstat­tung über Vor­gän­ge des Zeit­ge­sche­hens sowie an­de­res so­zi­al­ad­äqua­tes Han­deln – etwa die Re­cher­che­ar­beit von Ver­ei­nen, die der Auf­de­ckung ex­tre­mis­ti­scher Struk­tu­ren dient – sind aus­drück­lich nicht er­fasst.

Straf­bar­keit ver­het­zen­der Be­lei­di­gung

Be­reits das gel­ten­de Recht stellt Volks­ver­het­zung (§ 130 StGB), Be­lei­di­gung, üble Nach­re­de und Ver­leum­dung (§§ 185 ff. StGB) unter Stra­fe. Ge­wis­se straf­wür­di­ge Äu­ße­run­gen, die die Men­schen­wür­de an­de­rer an­grei­fen, sind von die­sen Vor­schrif­ten je­doch un­zu­rei­chend er­fasst. Dies gilt ins­be­son­de­re für ver­het­zen­de In­hal­te, die sich gegen be­stimm­te Grup­pen rich­ten und An­ge­hö­ri­gen die­ser Grup­pen zu­ge­lei­tet wer­den. Eine Volks­ver­het­zung (§ 130 StGB) liegt in der Regel nicht vor, wenn die Nach­richt nicht öf­fent­lich ver­brei­tet wird. Für eine straf­ba­re Be­lei­di­gung (§ 185 StGB) fehlt es oft­mals an dem er­for­der­li­chen kon­kre­ten Bezug zu einer in­di­vi­du­el­len Per­son. Der neue Straf­tat­be­stand "Ver­het­zen­de Be­lei­di­gung" (§ 192a StGB) schlie­ßt die vor­ste­hend um­ris­se­ne Straf­bar­keits­lü­cke. Er er­fasst In­hal­te, die eine durch ihre na­tio­na­le, ras­si­sche, re­li­giö­se oder eth­ni­sche Her­kunft, ihre Welt­an­schau­ung, ihre Be­hin­de­rung oder ihre se­xu­el­le Ori­en­tie­rung be­stimm­te Grup­pe oder einen Ein­zel­nen wegen sei­ner Zu­ge­hö­rig­keit zu einer die­ser Grup­pen be­schimp­fen, bös­wil­lig ver­ächt­lich ma­chen oder ver­leum­den. Die Tat­hand­lung be­steht darin, einen ent­spre­chen­den In­halt an eine Per­son ge­lan­gen zu las­sen, die einer der ge­nann­ten Grup­pen an­ge­hört. Mög­lich ist eine Frei­heits­stra­fe von bis zu zwei Jah­ren oder eine Geld­stra­fe.

Straf­bar­keit wegen Ver­brei­tung und Be­sitz von An­lei­tun­gen zu se­xu­el­lem Miss­brauch von Kin­dern

Wie Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den be­rich­ten, wer­den im Zuge straf­recht­li­cher Er­mitt­lun­gen wegen des Ver­dachts des se­xu­el­len Miss­brauchs von Kin­dern mit­un­ter An­lei­tun­gen zu ent­spre­chen­den Taten auf­ge­fun­den. Deren In­hal­te rei­chen von Emp­feh­lun­gen zu Orten, an denen Täter Kin­dern auf­lau­ern und das Ver­trau­en von Kin­dern er­schlei­chen kön­nen, bis hin zu Be­schrei­bun­gen von Miss­brauchs­hand­lun­gen. Künf­tig steht die Ver­brei­tung einer Miss­brauchs­an­lei­tung unter Stra­fe. Auch der Abruf und der Be­sitz sol­cher An­lei­tun­gen sowie alle Hand­lun­gen, durch die einer an­de­ren Per­son der Be­sitz an einer sol­chen An­lei­tung ver­schafft oder diese ihr sonst zu­gäng­lich ge­macht wird, ste­hen unter Stra­fe. Im Fall der Ver­brei­tung be­trägt das Straf­maß bis zu drei Jahre Frei­heits­stra­fe oder Geld­stra­fe; bei Abruf, Be­sitz und Zu­gäng­lich­ma­chen sind es bis zu zwei Jahre Frei­heits­stra­fe oder Geld­stra­fe. Damit schlie­ßt der neue Straf­tat­be­stand des § 176e StGB eine Lücke im Se­xu­al­straf­recht und ver­bes­sert den Schutz von Kin­dern gegen se­xu­el­le Über­grif­fe.

Redaktion beck-aktuell, 22. September 2021.

Mehr zum Thema