Neue Richtlinien für Vorsitzende Richter an Bundesgerichten
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Werden am Bundesgerichtshof, am Bundesverwaltungsgericht und am Bundesfinanzhof künftig Vorsitzende Richter zum Einsatz kommen, die über keine Erfahrung an einem Bundesgericht verfügen? Über entsprechende Änderungen im Anforderungsprofil für die Vergabe der Posten an den obersten Bundesgerichten berichtet SWR Aktuell. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesgerichte laufen Sturm und versuchen, die Änderung noch zu verhindern.

Absatz an entscheidender Stelle eingefügt

Bislang habe Vorsitzender Richter an einem Bundesgericht nur werden können, wer in der Regel bereits fünf Jahre an dem jeweiligen Gericht tätig war, erläuterte SWR Aktuell am 27.06.2021 unter Berufung auf Informationen der ARD-Rechtsredaktion aus dem Bundesjustizministerium. Dieses versuche bereits seit Sommer 2020, die Anforderungen dahingehend zu ändern, dass künftig auch Externe das Amt des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzhof bekleiden können. Nun habe die zuständige Staatssekretärin im Ministerium, Magaretha Sudhoff (SPD), einen Absatz in das Anforderungsprofil eingefügt, der bewirke, dass sich das einschränkende "in der Regel" nicht mehr nur auf die fünf Jahre Erfahrung, sondern auch darauf beziehe, dass überhaupt an dem Bundesgericht gearbeitet wurde.

Jobalternativen für scheidende Regierungsbeamte?

Aber was steckt hinter dieser Änderung? Das Bundesjustizministerium hält sich laut SWR Aktuell bedeckt. Kritiker allerdings befürchteten, dass es darum gehen könnte, hohen politischen Beamten nach einem möglichen Regierungswechsel Jobalternativen zu verschaffen – sie könnten dann direkt in die Justiz wechseln und würden als Vorsitzende Richter an einem Bundesgericht etwa gleich gut bezahlt. Für problematisch hielten dies die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesgerichte. Sie haben sich laut SWR-Aktuell mit einem Brief an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht gewandt, in dem sie betonten, die neue Regelung nicht mitzutragen. Das Bundesjustizministerium habe auf Anfrage auf die noch laufenden Gespräche verwiesen, was möglicherweise darauf hindeuten könne, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist.

Beim BAG und BSG soll alles beim Alten bleiben

Nach den Informationen von SWR Aktuell betrifft die umstrittene Änderung weder das Bundesarbeits- noch das Bundessozialgericht. Für diese Gerichte sei das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zuständig – und dieses wolle offensichtlich an der bisherigen Regelung festhalten.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juni 2021.