Neue Richtervereinigung für Dokumentation der Hauptverhandlung per Tonaufnahme

Die Neue Richtervereinigung (NRV) begrüßt grundsätzlich die geplante Dokumentation der Hauptverhandlungen in Strafsachen, hält aber eine Tonaufnahme für ausreichend. Eine Audio-Dokumentation dürfte allen Beteiligten, auch den Richtern und Richterinnen, Vorteile bringen und vermeide die erhobenen Bedenken gegen eine zusätzliche Videodarstellung, heißt es in einer Mitteilung des Verbands.

Fehlervermeidung und Akzeptanz

Eine inhaltliche Dokumentation von Hauptverhandlungen in Strafsachen verbessere die Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung. Sie trage dazu bei, Fehler zu vermeiden. Die Richter und Richterinnen würden von der Beschäftigung mit einer handschriftlichen Dokumentation der Hauptverhandlung befreit und könnten sich ohne Ablenkung mit erhöhter Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung des Geschehens in der Hauptverhandlung konzentrieren. Die Gefahr eines Informationsverlustes und einer Fehlinterpretation von Aussagen durch das Tatgericht werde reduziert. Zudem schaffe eine Dokumentation Akzeptanz bei allen Prozessbeteiligten und vermeide den Vorwurf aus der Anwaltschaft, es gebe Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen Beweisaufnahme und deren Wiedergabe in den Urteilsgründen. Die Justiz in Deutschland sollte sich deswegen einer Dokumentation der Hauptverhandlung öffnen, so wie es fast überall in Europa schon lange Standard ist, fordert die NRV.

NRV hält aber Tonaufzeichnung für ausreichend

Es dürfte aber völlig ausreichen, eine gute Tonaufzeichnung (und Transkription) zu erstellen. Der Mehrwert einer den Aufwand potenzierenden Videoaufzeichnung werde im Gesetzentwurf nicht dargelegt. Dass sich etwas technisch umsetzen lasse, sei für sich allein noch kein Grund, es auch zu machen. Die damit einhergehenden rechtlichen Probleme seien enorm. Demgegenüber hätte der "Verzicht" auf eine Bilddokumentation keine erhebliche Auswirkung auf die Qualität der Wahrheitsfindung.

Nachbesserungsbedarf 

Einzelne Regelungen müssten nach Auffassung der NRV allerdings dringend verbessert werden: Die Löschfrist in § 273 Abs. 4 StPO-E sei viel zu rigide. Die Formulierung, nach der in § 273 Abs. 5 StPO-E eine Verwendung in anderen Verfahren erlaubt sein soll, sei missverständlich. Soweit § 273 Abs. 6 u. 7 StPO-E eine uneingeschränkte Zurverfügungstellung des Hauptverhandlungsinhaltes an jeden vorgeblich Verletzten (oder seinen Vertreter) vorsieht, unabhängig davon, ob dessen Zeugenvernehmung bereits abgeschlossen ist, erscheine im Hinblick auf § 406b StPO problematisch. Laut NRV ist es zudem höchste Zeit für eine im Wesentlichen vom Bund getragene Entwicklung einer Software zur Verschriftlichung von Vernehmungen und Verhandlungen bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und allen Gerichte.

Zusammenarbeit von Bund und Ländern gefordert

"Sinnvoll ist das alles nur, wenn auch die (technische) Ausstattung der Gerichte flächendeckend mit den Anforderungen Schritt halten kann", betone Ulf Thiele, Sprecher der Fachgruppe Strafrecht der NRV. Bund und Länder müssten zur Optimierung der notwendigen technischen Entwicklungen konstruktiv zusammenarbeiten und nicht wie bisher den Weg der Konkurrenz einschlagen.

Redaktion beck-aktuell, 20. Februar 2023.