Neue Richtervereinigung distanziert sich von Urteil zu nicht volksverhetzendem Charakter eines NPD-Wahlplakats

Im August 2019 hatte das Verwaltungsgericht Gießen entschieden, dass das Wahlplakat der NPD zur Europawahl 2019 mit dem Slogan "Stoppt die Invasion: Migration tötet! – Widerstand jetzt" nicht volksverhetzend sei (BeckRS 2019, 23522). Die Neue Richtervereinigung (NRV) – Landesverband Hessen – hat sich jetzt in einer Presseerklärung nachdrücklich von den Ausführungen in dem jetzt bekannt gewordenen Urteil distanziert. Die Begründung der Entscheidung, warum der Slogan nicht volksverhetzend sei, leide an groben handwerklichen juristischen Mängeln und sei "mit den Werten unserer Verfassung" nicht zu vereinbaren, ohne dass der Fall zu solchen Ausführungen überhaupt Veranlassung geboten hätte, so der NRV-Landesverband.

NRV: Berichterstatter verdreht Tatsachen

Der Berichterstatter verdrehe Tatsachen, stelle krude historische Vergleiche her und gehe absichtlich selektiv mit etymologischen Herleitungen um, heißt es in der Presseerklärung. Der Entscheidung lägen eine bewusst künstlich aufgespaltene Betrachtung und eine sinnentstellende Verdrehung der von der NPD auf dem Plakat benutzten Wörter zugrunde, so die Richtervereinigung.

NPD-Terminologie benutzt

Dabei mache sich der Berichterstatter sowohl Terminologie als auch Botschaft der verfassungsfeindlichen NPD zu eigen und führe mit juristisch unhaltbarer Argumentation aus, dass der Slogan eine teilweise Beschreibung der Realität sei, weil es sich im Jahr 2015 in gewissem Sinn um eine Invasion gehandelt habe und eine "übermäßige Migration" zu Tötungsdelikten und auch zum "Tod der deutschen Kultur" führen könne. Durch ein Zitat aus dem Latein-Wörterbuch Stowasser werde zudem suggeriert, so die NRV, dass die im Jahr 2015 in die Bundesrepublik gekommenen Schutzsuchenden Deutschland wie eine Seuche befallen hätten.

Großer Schaden für Justiz und Gesellschaft

Man zeige sich fassungslos, dass sich ein Richter der hessischen Justiz in einer Zeit, in der vermeintliche rechtsstaatliche Gewissheiten ohnehin zu wanken beginnen, hinreißen lasse, ein Urteil mit rassistischem Gedankengut und menschenverachtenden Positionen zu begründen, heißt es in der Presseerklärung weiter. Der Berichterstatter am VG Gießen habe nicht nur seinem Ansehen und dem der hessischen Justiz großen Schaden zugefügt, sondern auch den Zusammenhalt der Gesellschaft in Deutschland gefährdet, so die NRV abschließend.

Redaktion beck-aktuell, 4. Dezember 2019.