Neue Richtervereinigung begrüßt geplante Cannabis-Legalisierung

Die Neue Richtervereinigung (NRV) begrüßt die Pläne der Regierung, Cannabis reguliert für Erwachsene freizugeben. Mit Blick auf die zu erwartende Legalisierung fordert sie, schon jetzt den Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum (bis zu 30 Gramm) straffrei zu stellen. Eine Kriminalisierung sei nicht mehr zu rechtfertigen. Anpassungen fordert der Verband auch im Fahrerlaubnisrecht und bei den §§ 315c, 316 StGB.

NRV: Regulierte Cannabis-Freigabe milderes Mittel

Der NRV begrüßt die Legalisierungspläne. Die Kriminalisierung des Besitzes von Cannabis verhindere den Konsum nicht. Trotz aller Prohibitionsbemühungen sei der Konsum dieses mit Alkohol vergleichbaren Betäubungsmittels weit verbreitet. Während für den Konsum im Jugendalter erhebliche Gesundheitsgefahren belegt seien, unterschreite das Konsumrisiko für Erwachsene je nach Konsumform die Gefahren von Alkohol- und Tabakgenuss. "Eine kontrollierte, staatlich überwachte Abgabe stellt angesichts dessen ein im Verhältnis zur Strafdrohung milderes, effektiveres Mittel dar", so Daniel Eckstein vom NRV-Bundesvorstand.

Besitz von Cannabis bis zu 30 Gramm sofort straffrei stellen

Allerdings werde die Etablierung eines solchen staatlichen Abgabesystems Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen. Es sei unangemessen, den Besitz von Konsummengen bis zum Abschluss dieses langen Prozesses weiterhin zu kriminalisieren. Der NRV fordert den Gesetzgeber daher auf, § 29 BtMG anzupassen und den Besitz von Cannabis von bis zu 30 Gramm straffrei zu stellen. Dies würde Polizei und Justiz massiv entlasten – schließlich verfolge sie 180.000 konsumbezogene Delikte pro Jahr – und könne die länderspezifische Ungleichbehandlung der Konsumierenden durch die unterschiedliche Handhabung der "geringen Menge", bis zu der eine Verfahrenseinstellung nach § 31a BtMG erfolgen solle, beenden.

Bei Cannabis Grenzwerte für Fahruntüchtigkeit normieren

Auch das Fahrerlaubnisrecht sowie §§ 315c, 316 StGB seien anzupassen, so der Verband weiter. Aktuell verlören cannabiskonsumierende Menschen auch Tage nach dem letzten Konsum ihre Fahrerlaubnis wegen nicht aktiver Restmengen des Wirkstoffs THC. Bis heute fehle eine gesetzliche Normierung der Grenzwerte der Fahruntüchtigkeit für Cannabis. Eine Mindestintoxikationsschwelle wie etwa 0,3 Promille Blutalkoholkonzentration erkenne die Rechtsprechung nicht an. Um Ungleichbehandlungen von Alkohol- und Cannabiskonsumierenden abzubauen, den festzustellenden tatsächlichen Gefahren effektiv zu begegnen und die Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) des Verkehrsstrafrechts zu optimieren, sei eine gesetzliche Normierung maßgeblicher Grenzwerte geboten.

EU-Recht hindert Straffreiheit von Cannabisbesitz zum Eigenkonsum nicht

Das europäische Recht stehe einer Straffreiheit des Besitzes von Cannabis zum Eigenkonsum nicht entgegen. Die NRV sei sich bewusst, dass eine Entkriminalisierung ohne Legalisierung des Bezugswegs nicht abgeschlossen sei. Im Einklang mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses und des Schengener Durchführungsabkommens erwartet der Verband, dass der Gesetzgeber den Verkauf auf dem Schwarzmarkt durch ein überwachtes, zur Prävention von Abhängigkeit geeignetes und auf den nationalen Markt beschränktes Abgabesystem ersetzt. Außerdem ist er der Auffassung, dass das Handeltreiben mit und die Abgabe von Cannabis an unter 18-Jährige weiter zu bestrafen sei.

Redaktion beck-aktuell, 10. März 2023.