Das Bundeskartellamt hat neue Leitlinien für das Kronzeugenprogramm und für die Bußgeldzumessung in Kartellverfahren veröffentlicht. Kronzeugen spielten bei der Aufdeckung und Verfolgung illegaler Kartelle eine entscheidende Rolle, so der Präsident des Kartellamtes Andreas Mundt. Nun könnten betroffene Unternehmen leichter einschätzen, was auf sie zukommt und unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung vom Bußgeld oder eine erhebliche Reduktion in Betracht kommt.
Veränderte Bußgeldzumessung
Mit den neuen Leitlinien modernisiert das Bundeskartellamt seine Bußgeldzumessung. Geändert habe sich vor allem die Zumessungsmethodik, so das BKartA. Diese orientiere sich nun noch mehr an der gerichtlichen Praxis. Maßgeblicher Gesichtspunkt bleibe aber der von dem Kartellverstoß betroffene Umsatz. Insgesamt werde sich daher das Bußgeldniveau nicht wesentlich ändern. In den Leitlinien werde auch die mit der 10. GWB-Novelle in das Gesetz aufgenommene Möglichkeit erläutert, bestehende Compliance-Maßnahmen mildernd zu berücksichtigen, obwohl es zu einem Verstoß gekommen ist.
Kronzeugenprogramm erstmals gesetzlich verankert
Ebenfalls im Zuge der 10. GWB-Novelle sei Anfang 2021 das Kronzeugenprogramm erstmals im Gesetz verankert worden. Hierbei seien auch Vorgaben der europäischen ECN+-Richtlinie umgesetzt worden. Diese stimmten im Wesentlichen mit der früheren Bonusregelung des Bundeskartellamtes überein. In den ergänzenden Leitlinien hat das Amt wie bereits in der Bonusregelung Konkretisierungen zur Gestaltung des Verfahrens und zur getroffen Ermessensausübung, unter anderem zur Höhe der Ermäßigung, getroffen.
Tatbezogener Umsatz und Unternehmensgröße als Ausgangswert
Im Rahmen der Novelle wurden laut BKartA außerdem eine Reihe von Kriterien für die Zumessung der Bußgeldhöhe gesetzlich verankert. Zum Beispiel sei der tatbezogene Umsatz – also der Umsatz, der mit den von den Absprachen betroffenen Produkten beziehungsweise Dienstleistungen erzielt worden sei – nun als Kriterium gesetzlich verankert. Darüber hinaus könnten vor und nach der Tat getroffene Vorkehrungen eines Unternehmens zur Vermeidung und Aufdeckung von entsprechenden Zuwiderhandlungen (Compliance) unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt werden. Mit der Überarbeitung der Bußgeldleitlinien trage das Bundeskartellamt über die Gesetzesänderungen hinaus auch der Praxis der deutschen Gerichte verstärkt dadurch Rechnung, dass künftig anhand des tatbezogenen Umsatzes und der Unternehmensgröße ein Ausgangswert der Bußgeldzumessung bestimmt wird. Im Ergebnis sei mit den Änderungen ein Zugewinn an Flexibilität im Einzelfall, aber keine wesentliche Veränderung des Bußgeldniveaus zu erwarten, so die Einschätzung des Bundeskartellamtes.
Redaktion beck-aktuell, 11. Oktober 2021.