Neubauten in Überschwemmungsgebieten: Versicherer fordern Baurechtsreform

Der Anteil neuer Gebäude in hochgefährdeten Überschwemmungsgebieten ist im Vergleich zum Gebäudebestand nicht gesunken. Das geht aus Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. "Obwohl Wetterextreme wie Überschwemmungen, Starkregen oder Hagel in Deutschland zunehmen, bleiben diese Folgen des Klimawandels bei der Raumordnung und der Bauplanung weitgehend unberücksichtigt." Eine Anpassung des Baurechts an die Folgen des Klimawandels sei deshalb unabdingbar, fordert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen am 17.03.2021.

GDV: Baurecht auf Klimawandel auszurichten

Der überwiegende Teil der Bebauungspläne sei zu einer Zeit beschlossen worden, so der GDV, als viele wissenschaftliche Erkenntnisse zu Extremwetterlagen und Klimawandel noch nicht vorlagen. Anpassungen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts stünden mit Blick auf die Annahmen und Planungsergebnisse aus der Klimaforschung noch aus. "Das Baurecht muss auf den Klimawandel und seine Folgen ausgerichtet und ein Managementsystem für klimawandelbedingte Risiken eingeführt werden", sagt Asmussen. Die Strategien von Bund und Ländern zur Anpassung an den Klimawandel, beispielsweise zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, griffen bislang zu kurz.

Schutzziel "Klimaangepasstes Bauen" in Baugesetzgebung aufnehmen

Der GDV fordert in seinem "Positionspapier für eine nachhaltige Baugesetzgebung: Modernisierung des Bauordnungs- und Bauplanungsrecht" unter anderem, in die Baugesetzgebung das Schutzziel "Klimaangepasstes Bauen" aufzunehmen. Klimaangepasstes Bauen könne jedoch nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn bei allen Bauvorhaben eine verpflichtende Gefährdungsbeurteilung der Naturgefahren und Extremwetterereignisse durchgeführt werde, so Asmussen. Dazu müsse ein öffentlich zugängliches Geoinformationssystem eingerichtet werden. "Denn nur wenn die Gefahren allen Beteiligten bekannt sind, können Planung und Bauausführung klimaangepasst erfolgen."

Verpflichtende Gefährdungsbeurteilung in Bezug auf Klimafolgen gefordert

So fordert der GDV, die Anpassung an den Klimawandel als Schutzziel im Bauordnungsrecht zu verankern. Zudem sollte eine verpflichtende Gefährdungsbeurteilung für Bauwerke in Bezug auf Klimafolgen und Extremwetterereignisse eingeführt werden. Des weiteren spricht sich der GDV dafür aus, typische und wirksame Schutzmaßnahmen und deren Qualitätsmerkmale technisch zu konkretisieren und zu standardisieren und ein nationales Managementsystem für klimawandelbedingte Risiken einzuführen.

Zwei Tools für bessere Aufklärung und Prävention

Wichtige Bausteine zur Vermeidung von Schäden durch Wetterextreme sind laut GDV Aufklärung und Prävention. Aus diesem Grund habe der Verband den "Naturgefahren-Check" gestartet. Immobilienbesitzer und Mieter erführen auf der Onlineplattform, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit in ihrem Wohnort verursacht haben. Details zur Gefährdung durch Flusshochwasser liefere darüber hinaus der "Hochwasser-Check". Diese Tools könnten ein zentrales Informationssystem der öffentlichen Hand aber nicht ersetzen.

Zentrales Online-System der öffentlichen Hand erforderlich

"Nun ist die Politik am Zug: Wie andere Länder sollte auch Deutschland die vorhandenen Informationen zu Naturgefahren und klimatischen Veränderungen bündeln und der Öffentlichkeit in einem zentralen Online-System zugänglich machen", so Asmussen.

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2021.