Netanjahu verwirft Teil der ursprünglichen Justizreform-Pläne

Israels Regierung will nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen umstrittenen Teil der ursprünglich geplanten Justizreform nicht weiter vorantreiben. "Die Idee einer Aufhebungsklausel, nach der das Parlament, die Knesset, die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs mit einer einfachen Mehrheit aufheben kann, habe ich verworfen", sagte Netanjahu in einem Interview des "Wall Street Journal".

Anhänger werfen Netanjahu "Kapitulation" vor

Der Teil galt als ein Kernstück der Pläne seiner Regierung, die seit Anfang Januar zu Massenprotesten im Land führen. Weitere Teile der Reform blieben jedoch, wenn auch teilweise angepasst, auf der Agenda, so Netanjahu weiter. Teile seiner Koalition kritisierten die Aussagen. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sprach auf Twitter von einer "Kapitulation" vor den Massenprotesten. Netanjahu hatte die Pläne zum Umbau des Justizsystems nach massivem Druck im März zunächst ausgesetzt. Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition brachten jedoch keine Einigung. Vor rund zwei Wochen kündigte er dann an, die Justizreform wieder vorantreiben zu wollen. Seine Regierung wirft dem Obersten Gerichtshof übertriebene Einmischung in politische Entscheidungen vor.

Befugnisse des Obersten Gerichtshofs sollen eingeschränkt werden

Israelischen Medien zufolge soll in den nächsten Wochen ein Gesetz verabschiedet werden, das die Möglichkeit des Obersten Gerichtshofs einschränken soll, Entscheidungen der Regierung für "unangemessen" zu erklären. Kritiker befürchten etwa, dass so entscheidende Posten willkürlich von der Regierung besetzt werden könnten. Zudem soll im Herbst die Zusammensetzung des Ausschusses zur Wahl von Richtern wieder auf die Agenda rücken. Mehr als 100 Reservisten der Luftwaffe kündigten Berichten zufolge diese Woche an, ihren Dienst nicht mehr freiwillig antreten zu wollen, sollte einer der Gesetzesentwürfe zur Justizreform verabschiedet werden. Am 01.07.2023 werden landesweit erneut Massenproteste erwartet.

Redaktion beck-aktuell, 30. Juni 2023 (dpa).

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