Ulrich Preis, 1956 in Wuppertal geboren, machte zunächst im Anschluss an das Abitur eine Banklehre, bevor er sich dem rechtswissenschaftlichen Studium an den Universitäten Regensburg und Köln widmete. Nach dem Ersten Staatsexamen 1983 absolvierte er das juristische Referendariat.
Während dieser Zeit wurde Ulrich Preis im Jahr 1986 an der Universität zu Köln mit der Arbeit "Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen" bei Peter Hanau promoviert, der ihn nach Abschluss des Studiums an das damalige Forschungsinstitut für Sozialrecht holte. Nach dem Zweiten Staatsexamen blieb Ulrich Preis dem Institut treu und habilitierte sich im Jahr 1992 mit der Schrift "Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht". Danach erhielt er die Lehrbefugnis für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Sozialrecht und Handelsrecht.
Nach verschiedenen Stationen in Hannover, an der Fernuniversität Hagen und in Düsseldorf wurde der nun 42-Jährige in der NRW-Landeshauptstadt im Jahr 1998 Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht. Und es hielt ihn im Rheinland: Drei Jahre später, zum Wintersemester 2001/2002, nahm Ulrich Preis einen Ruf an die Universität zu Köln an, wo er Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Sozialrecht wurde.
Als Nachfolger von Peter Hanau wurde er zugleich Direktor des Forschungsinstituts für Sozialrecht, das 2007 in das Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits-und Sozialrecht umbenannt wurde. Ulrich Preis hat mit über 430 Veröffentlichungen die gesamte Bandbreite des Arbeits-und Sozialrechts wissenschaftlich aufgearbeitet. Sein Oeuvre im Einzelnen zu würdigen ist fast unmöglich, die Festschrift zum 65. Geburtstag zu seinen Ehren aus dem Jahr 2021 gibt einen Einblick.
Ein arbeitsrechtliches Lebenswerk
Dem Verlag C.H. BECK, zu dem auch beck-aktuell gehört, war Ulrich Preis stets aufs Engste verbunden. Im mittlerweile in 25. Auflage erscheinenden Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, dem arbeitsrechtlichen Standardkommentar, den er mit initiierte, ist er nicht nur Herausgeber, sondern auch Autor vieler wichtiger Vorschriften.
Seit 1999 war er außerdem Herausgeber der wichtigsten arbeitsrechtlichen Fachzeitschrift, der Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), in der er im Laufe seiner literarischen Tätigkeit mehr als 40 Beiträge veröffentlicht hat.
Das Potpourri dieser seiner Beiträge ist so bunt und vielfältig wie seine Monografien bzw. Lehrbücher, die beim Verlag Otto Schmidt erschienen sind, und gemäß der Preisschen Gründlichkeit in zwei Bänden das Individual- und das Kollektive Arbeitsrecht behandeln, nebst einem Fälle- bzw. Lernbuch.
Die Tiefe, mit der Ulrich Preis Problemlagen behandelte, brachte ihm bei der NZA auch den Spitznamen des "brutalstmöglichen Kürzers" ein. Weil seine Beiträge mitunter viel zu lang waren, mussten wir in der Redaktion ihn des Öfteren zur Kürzung ermahnen - und er schaffte es, einen Beitrag von 90.000 auf 55.000 Zeichen zu kürzen, was ihm meinen unverblümten Respekt einbrachte.
Ein Highlight seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war der zusammen mit Martin Henssler vorgelegte Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, der seinerzeit von der Bertelsmann-Stiftung gesponsert und von der NZA literarisch begleitet wurde. Dieser große Wurf für ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetz, noch nachlesbar in der NZA-Beilage zu Heft 21/2007, fand auch auf dem 66. Deutschen Juristentag in Stuttgart im Jahr 2006 großen Anklang; er hätte verdient gehabt, Gesetz zu werden. Doch er schaffte es, wie so viele andere gute Ideen, nicht durch die Mühlen der Gesetzgebung.
Nachdem er fast alle Facetten des Arbeitsrechts literarisch aufgearbeitet hatte, widmete Ulrich Preis sich ab dem Jahr 2003 verstärkt dem Sozialrecht. Dabei rief er unter anderem die Kölner Sozialrechtstage ins Leben, seinerzeit mit der Reform der sozialen Sicherungssysteme. Auch diese Veranstaltung wurde eine seiner Erfolgsgeschichten.
Menschlich, empathisch – und ein Freund der Musik
Bei allen wissenschaftlichen Verdiensten von Ulrich Preis möchte ich seine großartige Persönlichkeit, den Menschen Ulrich Preis, nicht aus den Augen verlieren. Er bewahrte stets die Bodenhaftung und versuchte unterschiedliche Interessen verhältnismäßig auszugleichen.
An seine Menschlichkeit erinnert mich auch ein kleines Scharmützel zwischen ihm und Bernd Rüthers. In zum Teil heftig geführten Auseinandersetzungen debattierten die beiden Wissenschaftler ihre unterschiedliche Auslegung und Auffassung des Kündigungsprinzips "Ultima Ratio". Am Ende war es Preis, der auf Rüthers zuging. Er schrieb seinerzeit: "Ob mit den kündigungsrechtlichen Prinzipien tatsächlich praeterlegal das Kündigungsrecht fortgebildet worden ist, so Rüthers, bedarf einer differenzierten Sichtweise. Über diese Frage und geeignete Problemlösungen lohnt es sich wahrlich zu streiten. Insofern stimme ich Bernd Rüthers uneingeschränkt zu." Diese menschliche und empathische Seite von Ulrich Preis war fester Bestandteil seiner Persönlichkeit. Er setzte sich unermüdlich für Recht und Gerechtigkeit ein und hinterfragte arbeitsrechtliche Prinzipien dabei stets.
Seine menschlichen Züge zeigten sich nicht nur in seiner beruflichen Laufbahn. Sie fanden auch ihren Widerhall in seiner großen Leidenschaft, der Musik, genauer dem Gitarrespielen. Schon seit seiner Studentenzeit spielte Ulrich Preis sowohl die Akustik- als auch die E-Gitarre in einer Band mit unterschiedlicher Besetzung. Das mache, so sagte er gern, seinen Kopf frei für vertiefte wissenschaftliche Forschung.
Als wir noch vor kurzem über den anstehenden 90. Geburtstag seines Lehrmeisters und Mentors Peter Hanau sprachen, wirkte Ulrich Preis energiegeladen, voller Esprit und Vorfreude auf dieses besondere Jubiläum. Nun aber ist er am 24. April 2025 im Alter von nur 68 Jahren verstorben. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie, seiner Frau und den vier erwachsenen Kindern, denen unser tiefes Mitgefühl gilt. Auch die Arbeitsrechtsfamilie muss auf eine wesentliche und prägende Person verzichten, unseren geschätzten Freund Ulrich Preis. Wir werden Dich, lieber Ulli, sehr vermissen, Dir aber ein ehrendes Andenken bewahren.
Rechtsanwalt Professor Dr. Achim Schunder ist Schriftleiter der NZA und Leiter der Frankfurter Zweigniederlassung der Verlag C.H. Beck GmbH & Co. KG.