Nach Millionencoup: Haspa muss Schließfachinhaber besser entschädigen

Der spektakuläre Aufbruch von mehr als 600 Bankschließfächern in Norderstedt könnte die Hamburger Sparkasse (Haspa) teuer zu stehen kommen. Das Landgericht Hamburg gab den Klagen von drei geschädigten Kunden statt. Der Schadensersatz sei in der Höhe nicht auf den in den Geschäftsbedingungen des Geldinstituts als Maximal-Entschädigung pro Schließfach festgelegten Betrag von 40.000 Euro beschränkt.

Schließfächer um Millionen erleichtert

Im August 2021 waren unbekannte Täter mit Hilfe eines Kernbohrers aus einer Wohnung über der Haspa-Filiale durch eine Betondecke in den Schließfachraum eingedrungen. Sie stahlen Geld, Gold, Schmuck und viele andere Wertgegenstände aus den aufgebrochenen Schließfächern. Von der Millionenbeute fehlt jede Spur. Rechtsanwalt Jürgen Hennemann, der die Kläger - einen Apotheker, einen Oberstudienrat und einen weiteren Mann - vertritt, geht von einem Gesamtschaden in Höhe von rund 40 Millionen Euro aus. Die Haspa beziffert den Schaden auf 11 Millionen Euro. Das LG verurteilte die Haspa nun zu Schadensersatzzahlungen in Höhe von 68.000 Euro, 100.000 Euro und 110.000 Euro.

LG: Schließfächer nicht hinreichend gesichert

Der Vorsitzende der Zivilkammer Christoph Ruholl erklärte, die Sparkasse habe ihre Pflichten bei der Sicherung der Schließfächer erheblich verletzt. Sie hätte bei der tresormäßigen Sicherung der Schließfächer den sich fortentwickelnden Stand der Technik berücksichtigen müssen. Das gelte insbesondere für den Bewegungsmelder im Tresorraum. Ein weiteres Versäumnis sei, dass der Tresorraum nicht videoüberwacht gewesen sei. Diese Pflichtverletzungen könnten als Ursache für den Schaden angesehen werden.

Weiterer Einbruchsversuch in Haspa-Filiale in Hamburg-Altona

Von Bedeutung für das Verfahren war unter anderem ein Einbruchsversuch in eine andere Haspa-Filiale in Hamburg-Altona. Dabei hatten die Täter im Oktober 2020 einen Kernbohrer mit einem Durchmesser von 45 Zentimetern eingesetzt. Zwei Stahltüren öffneten sie mit Trennschleifern und umgingen damit die Alarmanlage. Den Bewegungsmelder im Tresorraum klebten sie mit genau passenden Aufklebern ab, wie die Polizei später feststellte. Aus unbekannten Gründen brachen die Täter ihr Vorhaben ab. Ihr professionelles Vorgehen hätte die Haspa in ihrer Risikobewertung berücksichtigen und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen müssen, sagte Ruholl. Ein Vertreter der Sparkasse kündigte an, die Haspa werde gegen das Urteil Berufung einlegen.

Von den Tätern fehlt bislang jede Spur

Der Einbruch hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Eine umfangreiche Fahndung einschließlich Durchsuchungen in Berlin und Königs Wusterhausen in Brandenburg im Dezember 2021 brachte die Polizei nicht auf die Spur der Täter. Wenige Tage vor der Razzia hatten die Hamburger Sparkasse und die Staatsanwaltschaft Kiel eine Belohnung von 55.000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Ergreifung der Täter führen. Auch die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... Ungelöst" berichtete damals über den Fall. Letzte Ermittlungsergebnisse stünden noch aus, sagte der Sprecher der Kieler Staatsanwaltschaft, Michael Bimler.

LG Hamburg, Urteil vom 29.06.2023 - 330 O 127/22

Redaktion beck-aktuell, 30. Juni 2023 (dpa).