Nach Expertenkritik: Bayerns umstrittenes Polizeigesetz wird nachgebessert

Nach deutlicher Kritik einer Expertenkommission hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bis November eine Korrektur des umstrittenen Polizeiaufgabengesetzes in dem Bundesland angekündigt. Mit den Hinweisen, der Kritik und den Vorschlägen der Kommission "kann das Polizeiaufgabengesetz sinnvoll nachjustiert werden", sagte der CSU-Politiker am 30.08.2019 in München.

Überwachung und andere polizeiliche Maßnahmen auch ohne konkreten Verdacht 

Das Polizeiaufgabengesetz (PAG) hatte lange vor der Verabschiedung seiner zweiten Novelle im Landtag im Mai 2018 für große Proteste in Bayern gesorgt. Tausende Menschen waren auf die Straße gegangen, weil sie befürchteten, dass die Neuregelung die Rechte der Menschen unverhältnismäßig einschränkt. Die Polizei darf etwa in Ausnahmefällen auch ohne konkreten Verdacht auf geplante Straftaten Überwachung und andere polizeiliche Maßnahmen einleiten.

Einschränkung des Begriffs der "drohenden Gefahr" empfohlen

Die im Juni 2018 eingesetzte PAG-Kommission hatte sich in 24 Sitzungen mit der Praxistauglichkeit des Gesetzes befasst. Im Detail empfiehlt das Gremium der Staatsregierung unter anderem eine Einschränkung des umstrittenen Begriffs der "drohenden Gefahr". Durch die Einführung einer "Legaldefinition der konkreten Gefahr" könne in der Anwendungspraxis eine bessere Verdeutlichung der Begriffe erreicht werden. Die "drohende Gefahr" sei tatsächlich auf den Schutz von überragend wichtigen Rechtsgütern wie dem Schutz von Leib und Leben zu beschränken. Zudem sollte eine Prüfung polizeilichen Einschreitens auf Basis der drohenden Gefahr nur erfolgen, wenn keine "konkrete Gefahr" vorliege.

Richtervorbehalte sollen klarer gefasst werden

Kritisch sehen die Experten unter anderem auch die Nutzung von Gentests bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen: "Für den Fall, dass die Vorschrift bestehen bleibt, sollte zumindest die Maßnahme ausschließlich durch den Richter angeordnet werden dürfen." Dies solle auch für die Nutzung von genetischem Material mit unbekannter Herkunft gelten. Herrmann betonte, dass die Empfehlungen der Kommission zur Stärkung des Rechtsschutzes von der Staatsregierung aufgegriffen würden und "zum Beispiel die bestehenden Richtervorbehalte" klarer im Gesetz gefasst und Forderungen nach weiteren Zustimmungen von Richtern wie schon im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern geprüft würden.

Keine verfassungsrechtliche Bewertung

Die Kommission hat bewusst keine verfassungsrechtliche Bewertung vorgenommen. Diese findet derzeit am Bundesverfassungsgericht und am bayerischen Verfassungsgerichtshof statt, wo Grüne und SPD gegen das PAG Klage eingereicht hatten.

Redaktion beck-aktuell, 2. September 2019 (dpa).

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