Rechnungshof: Gesetzgeber muss "Cum/Fake-Geschäften" Riegel vorschieben

Der Bundesrechnungshof fordert den Gesetzgeber auf, ein neues Modell von Steuerbetrug zu unterbinden. Gemeint sind sogenannte Cum/Fake-Geschäfte, die nun nach "Cum/Ex-" und "Cum/Cum-Geschäften" ebenfalls zu erheblichen Steuerausfällen führten. Es gehe um Missbrauch bei der Erstattung der Kapitalertragsteuer, begünstigt durch das System des derzeitigen Erstattungsverfahrens, so Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs.

Unberechtigte nutzen nicht geltend gemachte Erstattungsansprüche

Bei "Cum/Fake-Geschäften" bedienten sich unberechtigte (institutionelle) Anleger am US-amerikanischen Kapitalmarkt gehandelter vorläufiger Hinterlegungsscheine auf deutsche Aktien (sogenannte Pre-Release-ADR), erläutert der Rechnungshof. Sie forderten rechtswidrig eine Steuerbescheinigung ein und stellten einen Antrag auf Steuererstattung beim Bundeszentralamt für Steuern, ohne wirtschaftlich Eigentümer der Aktien zu sein. Dabei nutzten sie Erstattungsansprüche, die berechtigte Anleger aus unterschiedlichsten Gründen nicht geltend gemacht haben.

Deutsches Erstattungsverfahren missbrauchsanfällig

Schwerwiegende Schwächen im deutschen Erstattungsverfahren der Kapitalertragsteuer begünstigen diese Praxis nach Angaben des Bundesrechnungshofes. Das Verfahren lasse keine exakte und eindeutige Zuordnung einer abgeführten Kapitalertragsteuer zu einem berechtigten Anleger zu. Diese systembedingte Anonymität begünstige Gestaltungen wie "Cum/Fake-Geschäfte".

Bundesrechnungshof schlägt Anwendung des TRACE-Verfahren vor

Der Bundesrechnungshof hat empfohlen, die Einführung des von der OECD 2006 initiierten sogenannten TRACE-Verfahrens (Treaty Relief and Compliance Enhancement) zu prüfen. Dieses sieht eine Ermäßigung der Kapitalertragsteuer bereits bei der Zahlung der Dividende vor. Ein nachgelagertes, missbrauchsanfälliges Erstattungsverfahren, wie derzeit in Deutschland praktiziert, könne damit entfallen. Das TRACE-Verfahren komme zudem ohne Steuerbescheinigungen aus, die bisher in betrügerischer Absicht verwendet werden konnten. "So wird der Erstattungstopf kleiner und Personen mit unlauteren Absichten können dann nicht mehr so tief in ihn hineingreifen," erläutert Scheller diesen Ansatz.

Beratung des Haushaltsausschusses

Über seine Prüfung "Cum/Fake-Gestaltungen - Risiken bei der Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen" hat der Bundesrechnungshof den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in einem Bericht nach § 88 Abs. 2 BHO beraten.

Redaktion beck-aktuell, 26. Oktober 2020.