GdP-Chef: "Händische" Bearbeitung des Datenbestands unmöglich
Mittlerweile fielen in immer mehr Ermittlungsbereichen sogenannte Massendaten an, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke am Donnerstag. Es sei utopisch zu glauben, die zur Aufklärung schwerer Verbrechen relevanten Informationen könnten aus einem Wust von Daten "händisch" herausgefischt werden. Nur mit geeigneter Software sei eine rasche Auswertung ermittlungsrelevanter Daten möglich. Wichtig sei dies beispielsweise bei Ermittlungen zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Daher gehe es hier nicht nur um eine Verbesserung der Polizeiarbeit, sondern auch um Opferschutz.
Hessens Polizeipräsident: "Hessendata kann fortgeführt werden"
"Hessendata kann fortgeführt werden", meint dagegen Hessens Polizeipräsident Schäfer. Die einschränkenden Vorgaben des BVerfG hätten aber zur Folge, "dass mit Daten nicht so umgegangen werden kann, wie das bisher der Fall war". Auf die Frage, ob deshalb in Zukunft weniger Straftaten verhindert werden könnten, sagte Schäfer, das lasse sich nicht prognostizieren. Gleichzeitig verwies er darauf, dass die Anwendungspraxis auch bisher "schon sehr einengend" gewesen sei. Das Gericht habe vor allem beanstandet, dass sich das in den gesetzlichen Bestimmungen nicht genauso wiederfinde.
Grüne und DAV kritisieren fortschreitende Ersetzung klassischer Polizeiarbeit durch KI
Die Grünen im Bundestag sahen sich durch das Urteil bestätigt. "Dass die klassische Polizeiarbeit zunehmend durch automatisierte, also auf künstlicher Intelligenz beruhender, Datenerhebung, -verknüpfung und -auswertung ersetzt wird, ist eine rechtsstaatlich fragwürdige Entwicklung", so die Fraktion. Der DAV hatte eigenen Angaben zufolge bereits in der Vergangenheit auf die Mängel der entsprechenden Gesetze in Hamburg und Hessen und die verfassungsrechtlichen Bedenken aufmerksam gemacht. Er sieht sich durch das BVerfG-Urteil bestätigt. Die "vorbeugende Bekämpfung" von Straftaten sei höchst kritisch zu betrachten. Die von Programmen wie hessenDATA vorgenommene Datenanalyse setze an, bevor überhaupt eine konkrete Gefahr vorliegt – naturgemäß seien also unbescholtene Bürgerinnen und Bürger betroffen. Das stelle einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar, der nicht gerechtfertigt ist.
Bundesdatenschutzbeauftragter: Urteil stärkt Grundrechte und schafft Rechtssicherheit
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, sieht durch den Karlsruher Spruch die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gestärkt. Das BVerfG habe jetzt Kriterien formuliert, unter denen die Polizeibehörden Analysesysteme für polizeiliche Datenbestände einsetzen dürfen. Das betreffe auch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die Entscheidung schaffe sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Polizei Rechtssicherheit. Besonders wichtig sei, dass nicht nur bei der Speicherung, sondern auch bei allen nachgelagerten Datenanalysen zwischen verschiedenen Personengruppen zu trennen ist. Denn die polizeilichen Informationssysteme enthielten nicht nur Daten zu beschuldigten oder verdächtigten Personen, sondern auch zu Opfern von Straftaten, zu Zeugen, Hinweisgebern und sonstigen Personen. Datenanalysen zu diesen nicht unter Verdacht stehenden Personen seien ein intensiver Grundrechtseingriff. Opfer und Dritte dürften nicht mit Verdächtigen gleichbehandelt werden. Speziell bei neuartigen Datenanalysen war dies laut Kelber bislang nicht sichergestellt. Die Polizeibehörden in Bund und Ländern arbeiteten gerade an einer neuen Ausgestaltung ihrer Informationssysteme und des Informationsverbunds. Das Urteil stellt laut Kelber dafür nun grundlegende Weichen und hat für die Polizeiarbeit in Deutschland große Bedeutung.