Myanmar: Gericht verurteilt zwei Reuters-Journalisten zu sieben Jahren Haft

Trotz Appellen aus aller Welt sind in Myanmar zwei Journalisten der internationalen Nachrichtenagentur Reuters zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht in der ehemaligen Hauptstadt Rangun verhängte gegen die beiden Männer am 02.09.2018 die Strafe von jeweils sieben Jahren Gefängnis. Das Urteil löste international viel Kritik aus. In dem südostasiatischen Land regiert Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zusammen mit dem Militär.

Journalisten recherchierten über Militärverbrechen an Rohingya

Das Gericht befand die Reporter Kyaw Soe Oo (28) und Wa Lone (32) für schuldig, sich bei Recherchen über Militärverbrechen an Angehörigen der muslimischen Minderheit der Rohingya illegal geheime staatliche Dokumente beschafft zu haben. Beide beteuerten bis zuletzt ihre Unschuld. Das buddhistische Myanmar (ehemals Birma) steht wegen des Vorgehens gegen Muslime stark in der Kritik. Die Journalisten - beide selbst aus Myanmar - hatten vergangenes Jahr über die Tötung von zehn muslimischen Dorfbewohnern durch das Militär recherchiert. Dazu trafen sie sich im Dezember 2017 auch mit Polizisten, die ihnen bei dieser Gelegenheit Papiere in die Hand drückten. Unmittelbar danach wurden sie festgenommen. Beide behaupten, in einen Hinterhalt gelockt worden zu sein.

Angeklagten wurde “Geheimnisverrat“ vorgeworfen

Wa Lone sagte: “Ich habe nichts Unrechtes getan.“ Das Gesetz gegen Geheimnisverrat, auf das sich das Urteil stützt, stammt noch aus britischen Kolonialzeiten - aus dem Jahr 1923. Richter Ye Lwin sagte in seiner Begründung, auch auf den Handys der Reporter seien geheime Dokumente gefunden worden. Beide hätten auch zuvor schon “viele Male versucht, an geheime Dokumente zu kommen“. Das Urteil wurde auch von mehreren ausländischen Diplomaten im Gericht verfolgt. Die Hoffnung auf einen Freispruch - wie dies unter anderem die Vereinten Nationen, die USA und die EU verlangt hatten - erfüllte sich jedoch nicht.

Verurteilung stößt international auf Kritik

Der UN-Vertreter Knut Ostby äußerte sich enttäuscht. “Beide sollten zu ihren Familien zurückkehren und ihre Arbeit weitermachen dürfen“, sagte er. US-Botschafter Scot Marciel sagte: “Das ist traurig für die beiden, aber auch für alle Leute in Myanmar, die so hart dafür gearbeitet haben, dass Grundrechte wie die Pressefreiheit in Myanmar vorankommen“. Reuters-Chefredakteur Stephen Adler bezeichnete die Verurteilung der Journalisten als “großen Rückschlag auf Myanmars Weg zu Demokratie“. Es gebe “keinerlei Beweise“ gegen sie. Ziel sei, die Presse einzuschüchtern. Zugleich richtete er an Aung San Suu Kyi den Appell, das Urteil unverzüglich zu “korrigieren“.

Menschenrechtsorganisationen sehen Rückfall in die Zeiten der Militärherrschaft

Die Friedensnobelpreisträgerin steht wegen der Vertreibung der Rohingya seit längerer Zeit massiv in der Kritik. Aus Furcht vor Verfolgung sind seit vergangenem Jahr mehr als 700.000 Muslime in den muslimischen Nachbarstaat Bangladesch geflohen. Suu Kyi führt als “Staatsrätin“ eine Regierung, in der mehrere Schlüsselposten mit Generälen besetzt sind. Die UN hatten vergangene Woche verlangt, mehrere Generäle vor ein internationales Strafgericht zu stellen. Der Anwalt der Journalisten, Khin Maung Zaw, sagte zu dem Urteil: “Das ist schlecht für die Pressefreiheit. Das ist schlecht für die Demokratie. Das ist schlecht für Myanmar.“ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem “Rückfall zur Unterdrückung von Medien wie zu Zeiten der Militärherrschaft“. Seit 2017 wurden in Myanmar mindestens elf Journalisten verhaftet.

Redaktion beck-aktuell, Christoph Sator, Rik Glauert, 3. September 2018 (dpa).