Mutterschutzlohn: Bei Saisonarbeit zählt das ganze Jahr
Lorem Ipsum
© Viacheslav Yakobchuk / stock.adobe.com

Schwankt eine variable Vergütung über das Jahr hinweg stark, kann für den Mutterschutzlohn das durchschnittliche Arbeitsentgelt innerhalb von zwölf Monaten zählen. Das hat das BAG am Mittwoch im Fall einer Stewardess entschieden.

Eine Flugbegleiterin verlangte von ihrer Airline einen höheren Mutterschutzlohn und einen höheren Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Laut "Tarifvertrag Saisonalitätsmodelle Kabine Nr. 2" erhielt sie neben ihrer Grundvergütung Mehrflugstundenvergütungen und Bordverkaufsprovisionen, so genannte variable Entgeltbestandteile. Ihr Baby kam Ende Februar auf die Welt. Das Flugunternehmen hatte für den Mutterschutzlohn die durchschnittliche variable Vergütung aus dem Referenzzeitraum Februar bis April 2019 zugrunde gelegt und diesen um den Teilzeitfaktor in Höhe von 83% gekürzt.

"Niedrigstes Niveau"

Die heute 35-Jährige war jedoch der Ansicht, dass bei dessen Berechnung ein längerer als der gesetzlich vorgesehene dreimonatige Referenzzeitraum nach § 18 S. 2 MuSchG heranzuziehen sei: Ihre variable Vergütung über das Jahr schwanke saisonbedingt stark – sie erhalte in den Monaten Februar bis April über einen unzumutbar langen Zeitraum Mutterschutzlohn auf niedrigstem Gehaltsniveau. Vor und nach der Geburt bestand ein Beschäftigungsverbot.

Die Stewardess hatte vor den Gerichten auf ganzer Linie Erfolg – größtenteils auch beim BAG. Für die Berechnung des Mutterschutzlohns sei mit Blick auf das tarifliche Jahresarbeitszeitmodell mit saisonal ungewöhnlich stark schwankender variabler Vergütung auf einen Referenzzeitraum von zwölf Monaten abzustellen, so die Richter in Erfurt. Entsprechendes gelte auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.

Der Durchschnitt zählt

Zwar sehe § 18 S. 2 MuSchG grundsätzlich einen dreimonatigen Zeitraum für die Ermittlung des durchschnittlichen Verdienstes bei der Berechnung des Mutterschutzlohns vor, legten die obersten Arbeitsrichter dar. "§ 18 Satz 2 MuSchG ist jedoch in einem Fall wie den vorliegenden extensiv (...) auszulegen", so der 5. Senat. Denn bei einer Beschränkung auf den Dreimonatszeitraum vor der Schwangerschaft könne der Gesetzeszweck nicht verwirklicht werden. Nach diesem seien einer schwangeren oder stillenden Beschäftigten bei Beschäftigungsverboten vor den Schutzfristen auch während solcher Zeiträume durchgehend Leistungen in Höhe des früheren Durchschnittsentgelts zu gewähren. Da der dreimonatige Bezugszeitraum den in Fällen "außergewöhnlich schwankenden Arbeitsverdienstes" nicht zutreffend abbilde, sei die maßgebliche Periode ausnahmsweise auf einen zwölfmonatigen Referenzzeitraum anzupassen. Die Frau hatte etwa im April 2019 bloß 9,80 Euro aus Bordverkaufsprovisionen verdient.

BAG, Urteil vom 31.05.2023 - 5 AZR 305/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 27. September 2023.