Münchener Schwurgericht entschied ohne Geschäftsverteilungsplan - BGH hebt Urteil auf

Weil das Münchener Schwurgericht in mehreren Jahren entschieden hat, ohne einen gültigen Geschäftsverteilungsplan zu haben, könnte eine ganze Reihe von Verfahren neu aufzurollen sein. Vorerst hat der Bundesgerichtshof auf die Besetzungsrüge eines Verteidigers ein gegen einen mutmaßlichen Messerstecher ergangenes Urteil der ersten Strafkammer des Landgerichts München I aufgehoben (BeckRS 2017, 106912). Dies berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am 28.04.2017 auf ihren Internetseiten. Das Urteil hatte auf versuchten Totschlag gelautet.

Nachträgliche Festsetzung der Geschäftsverteilung nicht ausreichend

Verteidiger in dem betreffenden Verfahren war laut Zeitung Adam Ahmed. Dieser hatte herausgefunden, dass für das Münchener Schwurgericht für die Jahre 2012, 2014 und 2015 kein gültiger Geschäftsverteilungsplan existierte. In dem 2015 verhandelten Verfahren gegen den 29-jährigen Messerstecher hatte das Gericht erst auf die Besetzungsrüge Ahmeds einen Plan festgelegt, welcher Richter 2015 für welche Verfahren zuständig ist. Dies habe der BGH für zu spät erachtet und das in dem Verfahren ergangene Urteil wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aufgehoben, so die SZ.

Fehlender Geschäftsverteilungsplan als Wiederaufnahmegrund?

Offen ist derzeit noch, welchen Einfluss die BGH-Entscheidung auf andere vom Münchener Schwurgericht entschiedene Verfahren hat. In zwei weiteren Fällen ist Ahmed mit seinen Revisionen vor dem BGH gescheitert, weil die damals zuständigen Verteidiger die fehlerhafte Besetzung der Kammer nicht in der Verhandlung gerügt hatten. Allerdings wussten diese laut "SZ" auch nichts von dem fehlenden Geschäftsverteilungsplan. Ahmed jedenfalls wolle nicht klein begeben. Er prüfe nun, ob eine Wiederaufnahme der Verfahren in Betracht kommt.

Redaktion beck-aktuell, 2. Mai 2017.

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