Moschee zu langsam erbaut: Erbbaurecht fällt zurück an Stadt

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am Dienstag einen muslimischen Verein zur Rückübertragung des Erbbaurechts eines mit einer Moschee bebauten Grundstücks verpflichtet und sein Begehren auf Übertragung des Grundstückseigentums abgewiesen. Der Verein sei der vertraglich bindenden Zusage, die Moschee fristgerecht zu bauen, schuldhaft nicht nachgekommen, heißt es in dem Urteil. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde allerdings zugelassen.

Stadt übte Wiederkaufsrecht aus

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen und der muslimische Verein für Kultur, Bildung und Integration hatten 2014 einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen. Danach kann die Stadt als Grundstückseigentümerin eine Rückübertragung des Erbbaurechts bei einer Nichterfüllung vertraglicher Pflichten verlangen. Der beklagte Verein hatte in einem ersten Bauabschnitt die Moschee und ein Kulturhaus nicht fristgerecht bis zum 31.10.2018 – und auch noch nicht bis zum Sommer 2022 – fertiggestellt. Dennoch hatte er den vereinbarten Kaufpreis für das Moscheegrundstück in Oberaichen in Höhe von 883.400 Euro bereits 2018 an die Stadt bezahlt. Er wurde aber noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Stadt übte daraufhin ihr Wiederkaufsrecht aus und beanspruchte auch den Heimfall des Erbbaurechts.

Verein verweist auf Religionsfreiheit

In erster Instanz verurteilte das Landgericht Stuttgart den beklagten Verein auf Übertragung des Erbbaurechts und wies demgegenüber den Anspruch des Vereins auf Übertragung des Eigentums an dem Moscheegrundstück zurück. Mit ihren jeweiligen Berufungen machten die Parteien weitergehende Ansprüche geltend. Die Stadt beansprucht Erbbauzinszahlungen sowie einen Nachweis der Versicherung des Moscheebauwerks. Der Verein will nach wie vor die Auflassung und das Eigentum an dem Grundstück, da die Klägerin ihr Wiederkaufsrecht rechtswidrig ausgeübt habe. Dadurch sei der Kulturverein in seinen Grundrechten auf Religionsfreiheit und seinem Eigentum am Gebäude verletzt.

Stadt bleibt Eigentümerin des Grundstücks

Nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen der Parteien hat das OLG im Ergebnis die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten der Stadt bestätigt und ihr Ansprüche aus dem Erbbaurechtsvertrag zugesprochen. Der Verein muss die Rückübertragung des Erbbaurechts erklären, das Moscheebauwerk bis dahin entsprechend versichern und Erbbauzinsen in Höhe von über 110.000 Euro nachzahlen. Gleichzeitig wird nach dem Urteil der Kaufvertrag rückabgewickelt und die Stadt bleibt Eigentümerin des Grundstücks.

Vertragliche Verpflichtung nicht erfüllt

Der Berufungssenat begründet dies damit, dass der Verein seiner vertraglich bindenden Zusage, die Moschee fristgerecht herzustellen, schuldhaft nicht nachgekommen sei. Durch die Kaufpreiszahlung des Vereins seien seine Verpflichtungen – wie beispielsweise auf Versicherungsschutz des Bauwerks – aus dem dinglichen Erbbaurechtsvertrag nicht fortgefallen, sondern wirkten fort. Bei dem Heimfallrecht und dem Wiederkaufsrecht handle es sich um verschiedene Rechte, die die Stadt beide – mit unterschiedlichen Folgen – ausgeübt habe.

Kein Verstoß gegen Grundrechte

Insbesondere sei die Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht, wenn der Verein nicht rechtzeitig den ersten Bauabschnitt fertigstelle, nach § 2 Nr. 7 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) wirksam und nicht grundrechtswidrig. Der Verein habe keinen Anspruch aus Art. 4 GG, genau auf dem streitgegenständlichen Grundstück seinen Mitgliedern die Religionsausübung zu ermöglichen. Vielmehr habe er die Bedingungen des Erbbaurechtsvertrags nicht eingehalten und dadurch das Heimfallrecht ausgelöst. Zugleich sei das vorgesehene Wiederkaufsrecht auch nicht gemäß § 1 Abs. 4 ErbbauRG unwirksam und entspreche einer angemessenen Vertragsgestaltung, da der Beklagte in diesem Fall einen wirtschaftlichen Ausgleich seiner Verwendungen erhalte. Allerdings könne der Verein erst in einem weiteren Rechtsstreit eine angemessene Entschädigung für die Erhöhung des Grundstückswertes durch seine Aufwendungen geltend machen, um dann an anderer Stelle eine Gebetsmöglichkeit für seine Mitglieder zu schaffen.

OLG Stuttgart, Urteil vom 13.09.2022 - 10 U 278/21

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2022.