Staatsanwältin: Starke Botschaft an Männer wie R. Kelly
Das Urteil nahm der "I Believe I Can Fly"-Sänger, gekleidet in blauem Anzug und weiße Maske, Beobachtern zufolge bewegungslos mit gebeugtem Kopf auf. Dem Sänger, der seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzt, droht nun eine jahrzehntelange Haftstrafe. Das Strafmaß soll am 04.05.2022 verkündet werden. "Dieses Urteil brandmarkt R. Kelly für immer als Raubtier, das seinen Ruhm und seinen Reichtum genutzt hat, um junge, verletzliche und stimmlose Menschen für seine eigene sexuelle Befriedigung auszubeuten", sagte die zuständige Staatsanwältin Jacquelyn Kasulis nach der Verkündung. Die Jury habe eine "starke Botschaft" an Männer wie R. Kelly gesendet: "Egal wie lange es dauert, die Justiz wird euch kriegen." Vor dem Gericht im Stadtteil Brooklyn hatten sich auch einige Unterstützer von Kelly versammelt.
Juristische Aufarbeitung der #MeToo-Ära
Kellys Anwalt Deveraux Cannick sagte, der Sänger sei von dem Urteil überrascht und enttäuscht. Die Zeugenaussagen seien voller Widersprüche gewesen. Sie wollten gegen das Urteil Berufung einlegen, stellte der Anwalt in Aussicht. Das Verfahren ist - nach Fällen wie denen von Filmproduzent Harvey Weinstein und Komiker Bill Cosby - eine weitere viel beachtete juristische Aufarbeitung der #MeToo-Ära. Wegen der Coronavirus-Pandemie war der eigentlich für Mai 2020 geplante Prozess zuvor mehrfach verschoben worden. #MeToo-Begründerin Tarana Burke twitterte gleich nach der Verkündung des Urteils ein kurzes Video von einer tanzenden Frau mit dem Untertitel "Kannst du einen völlig neuen Tag fühlen?".
Hunderte Beweisstücke gesichtet
Frauenrechtsanwältin Gloria Allred, die mehrere Klägerinnen in dem Verfahren vertrat, erklärte am Montag, dass die Gerechtigkeit gesiegt habe. Von den vielen Sexualstraftätern, die sie in ihrer Laufbahn verfolgt habe, sei Kelly der "Schlimmste" gewesen. Er habe seine Berühmtheit dazu benutzt, Minderjährige zu missbrauchen, einzuschüchtern und zu demütigen. Rund sechs Wochen lang hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung an dem Gericht vor Richterin Ann Donnelly die Missbrauchsvorwürfe gegen Kelly aus mehreren Jahrzehnten detailliert ausgebreitet, auseinandergenommen und ihre Argumente dargelegt. Dutzende Zeugen hatten sich zu Wort gemeldet und Hunderte Beweisstücke waren gesichtet worden.
Erste Anschuldigungen bereits vor 25 Jahren
Kelly sei ein Sexualstraftäter, hatte Anwältin Elizabeth Geddes für die Staatsanwaltschaft argumentiert und seine Verurteilung gefordert. Der Musiker sei selbst Opfer - von ausgedachten Geschichten und ausgeschmückten Erzählungen über Misshandlungen, hatte Kellys Anwalt Deveraux Cannick für die Verteidigung erklärt. Kelly hatte nicht selbst ausgesagt, das Verfahren aber im Gerichtssaal verfolgt. Erste Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago als Robert Sylvester Kelly geborenen Musiker wurden bereits vor rund 25 Jahren bekannt. 2008 stand er wegen des Besitzes von Bildern schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht - und wurde freigesprochen. Der Musik-Koloss schien unangreifbar auf seinem Pop-Thron - mit mehr als 50 Millionen verkauften Alben, mehreren Grammys und anderen Auszeichnungen gehörte er zu den erfolgreichsten Musikern des späten 20. Jahrhunderts. Aber spätestens als 2019 die aufsehenerregende Dokumentation "Surviving R. Kelly" die Anschuldigungen zusammenfasste, wurde es um den Sänger immer einsamer. Stars distanzierten sich von ihm, zudem Radiosender, Streaming-Dienste und dann auch sein Musiklabel RCA, das zu Sony Music gehört.
Weitere Anklagen drohen
Nach dem Urteil in New York drohen Kelly nun zudem noch weitere juristische Auseinandersetzungen: Auch in den US-Bundesstaaten Illinois und Minnesota liegen Anklagen gegen den Musiker vor.