Milliardenschwere Entlastung der Kommunen beschlossen

Bundestag und Bundesrat haben angesichts der Corona-Krise eine milliardenschwere Entlastung der Kommunen beschlossen. Zum einen kompensiert der Bund in diesem Jahr Gewerbesteuerausfälle in Milliardenhöhe. Zum anderen beteiligt er sich dauerhaft stärker an den Kosten für Unterkunft und Heizung bei Hartz-IV-Empfängern. Für beide Maßnahmen war auch eine Änderung des Grundgesetzes nötig.

Zweidrittel-Mehrheit erforderlich

Notwendig war in beiden Kammern eine Zweidrittel-Mehrheit und damit Stimmen aus der Opposition. Diese wurde im Bundestag erreicht, die Entscheidung in der Länderkammer fiel sogar einstimmig.

Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle eingebrochen

Insgesamt kompensieren Bund und Länder in diesem Jahr Ausfälle bei der Gewerbesteuer im Umfang von rund 11 Milliarden Euro. Diese ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Der Bund übernimmt rund 6,1 Milliarden Euro, die Länder rund 4,8 Milliarden Euro. Mit den Milliardenmitteln soll verhindert werden, dass die Kommunen nicht mehr investieren können - dies wiederum hätte massive Folgen auch für den Bau und das Handwerk, weil Städte und Gemeinden viele Aufträge vergeben. Damit der Bund Gewerbesteuerausfälle kompensieren kann, war die Änderung des Grundgesetzes nötig. Der Deutsche Städtetag begrüßte den Schritt - hatte allerdings bereits deutlich gemacht, auch 2021 und 2022 seien Hilfe von Bund und Ländern notwendig.

Bund beteiligt sich dauerhaft stärker an Grundsicherung

Der Bund beteiligt sich außerdem dauerhaft stärker an den Kosten für die Unterkunft bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Mittelfristig steigen die Ausgaben des Bundes um rund 3,4 Milliarden Euro pro Jahr. Auch dafür musste das Grundgesetz geändert werden, da der Bund sich bisher höchstens mit 49% an bundesweiten Ausgaben für die Leistungen für Unterkunft und Heizung beteiligen konnte. Möglich ist dies nun bis zu einer Grenze von 75%.

Reaktionen

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, die Kommunen bekämen wieder "Luft zum Atmen". Die Kommune sei "gelebte Demokratie", wo sich der Zusammenhalt der Gesellschaft beweise. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, es gehe darum, dass die Kommunen weiter investieren könnten. Deutschland halte mit großen Programmen und finanziellen Mitteln in großer Dimension gegen die Corona-Krise. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte Deutschen Presse-Agentur, ein erster, wichtiger Schritt sei nun getan, dem ein zweiter folgen müsse: "Vielen Kommunen müssen endlich die erdrückenden Altschulden von den Schultern genommen werden. Schließlich mussten sie sich wegen der teuren Folgen des Strukturwandels verschulden und nicht, weil sie das Geld mit vollen Händen verprasst hätten." Seit Jahren müssten sie deshalb ihr eingespartes Geld in Schuldentilgung stecken anstatt in sinnvolle Investitionen. Die SPD fordert seit längerem eine Übernahme kommunaler Altschulden, hat sich damit aber in der Koalition auf Bundesebene mit CDU und CSU bisher nicht durchsetzen können.

Entlastung ostdeutscher Länder bei DDR-Zusatzrenten

Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) betonte die Bedeutung einer anderen Entscheidung: Der Bund entlastet die ostdeutschen Länder bei Kosten für DDR-Zusatzrenten. Er übernimmt künftig 50 statt 40% der Kosten. Den Rest übernehmen die ostdeutschen Länder. Diese werden nun ab 2021 in Höhe von insgesamt rund 340 Millionen Euro entlastet. Damit sollen die finanziellen Spielräume der östlichen Länder verbessert werden. Viele Menschen bekommen Geld aus Sonder- und Zusatzrentensystemen der DDR. Anspruch haben etwa Ex-Mitarbeiter von Armee oder Polizei sowie unter anderem Pädagogen, Ingenieure, Wissenschaftler oder Ärzte. Finanziert wird das nicht wie die reguläre Rente von der Rentenversicherung, sondern vom Staat.

Haseloff sprach von erstem Schritt

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach von einem ersten Schritt. Ziel könne nur die vollständige Übernahme der Lasten durch den Bund sein, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahlungen für die DDR-Zusatzversorgungssysteme verhinderten Zukunftsinvestitionen und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, argumentierte er. Die Belastung bleibe beträchtlich, rechnete Haseloff vor. Für die Zusatzversorgung zahlten die Ost-Länder zuletzt rund 2 Milliarden Euro ein, der Bund übernahm 1,3 Milliarden Euro. Hinzu komme ein weiterer Sonderversorgungstopf, der ausschließlich von den Ländern mit weiteren 900 Millionen Euro gespeist werde.

Redaktion beck-aktuell, 18. September 2020 (dpa).