Englischer Pfarrer verlor Eigenheim
Der englische Pfarrer Mike Hall wurde zum Betrugsopfer - und das, ohne den Betrügern selbst auf den Leim gegangen zu sein. Vielmehr erfuhr er von deren Machenschaften erst, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war. Wie der "SPIEGEL" berichtete, war Halls Identität gestohlen worden - in Form eines gefälschten Führerscheins und eines auf seinen Namen laufenden Bankkontos. Damit hätten die mutmaßlichen Täter - von Hall unbemerkt - dessen Eigenheim für 131.000 Pfund (circa 154.000 Euro) verkaufen können. Da der Käufer von dem Betrug nichts gewusst habe, also gutgläubig gewesen und als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden sei, sei der Eigentumsübergang wirksam gewesen. Kein Einzelfall, wie die BBC recherchierte: Im vergangenen Jahr habe das britische Grundbuchamt Entschädigungen in Höhe von 3,5 Millionen Pfund (4,12 Millionen Euro) gezahlt.
Funktioniert auch in Deutschland
Auch in Deutschland gab es bereits einen vergleichbaren Fall: Ein Hamburger Rentner-Ehepaar konnte den gutgläubigen Wegerwerb ihres Eigentumshauses in Berlin allerdings gerade noch rechtzeitig verhindern. Zwei Brüder des Abou Chaker Clans aus einer in der organisierten Kriminalität bekannten, arabischstämmigen Großfamilie aus Berlin haben, offenbar gemeinsam mit anderen, teils vorbestraften Mitangeklagten, darunter auch ein Berliner Rechtsanwalt, die Identität des Ehepaares gestohlen haben, um das Haus zunächst selbst zu kaufen und dann weiter zu veräußern. Zu Letzterem ist es jedoch nicht mehr gekommen. Die beiden Brüder haben ihre Beteiligung an der Tat bereits gestanden und vor dem Landgericht Berlin ausgesagt.
Gefälschte Ausweise und Laiendarsteller
Demnach sollen die Täter im Jahr 2019 zunächst die Personalausweise des Ehepaares gefälscht, Laiendarsteller engagiert und so den Verkauf des Hauses vor zwei Berliner Notaren ermöglicht und letztlich eine Änderung des Grundbuches beim Grundbuchamt erwirkt haben. Hiervon hat das Ehepaar nur zufällig durch ein Schreiben ihrer Hausversicherung erfahren. Den Weiterverkauf des Mehrparteien-Mietshauses an einen Dritten konnte es daher mittels einstweiliger Verfügung gerade noch verhindern. Wäre das Grundstück an einen gutgläubigen Dritten weiterveräußert worden, hätte das Ehepaar sein Haus endgültig verloren. Der gutgläubige Erwerb von Grundstücken richtet sich nach § 892 BGB. Demnach ist neben den Voraussetzungen des normalen Erwerbstatbestands (Einigung und Eintragung, §§ 873 Abs. 1, 925 BGB) insbesondere erforderlich, dass der nichtberechtigte Veräußerer des Grundstücks unrichtigerweise als Eigentümer oder Verfügungsberechtigter im Grundbuch eingetragen ist und der Erwerber diesbezüglich gutgläubig ist. Diese Voraussetzungen lagen vor.
Bösgläubig, gutgläubig, blauäugig?
Die Hamburger werfen dem Grundbuchamt in einem SPIEGEL-Interview jedoch vor, sie als Eigentümer aus dem Grundbuch gelöscht zu haben, obwohl die Umstände des Verkaufs verdächtig gewesen seien. So sei das Haus lediglich für 250.000 Euro verkauft worden, obwohl es einen Verkaufswert von rund sechs Millionen Euro habe. Die zuständige Bearbeiterin hätte zwar auf Rückfrage angegeben, dies auffällig gefunden zu haben. Mit der Erklärung der Betrüger, das Ehepaar habe Schulden, die dringend beglichen werden müssten, habe sie sich aber offenbar zufriedengegeben. Am Ende konnte das Ehepaar zwar sein Haus retten, für die nunmehr erforderliche Berichtigung des Grundbuches musste es jedoch über 6.000 Euro zahlen.