Mehr­heit fin­det: Schwarz­fah­ren soll­te keine Straf­tat mehr sein
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Wer ohne gül­ti­gen Fahr­schein er­wischt wird, muss eine Geld­stra­fe be­zah­len. Wer diese nicht be­zahlt, kann statt­des­sen ins Ge­fäng­nis kom­men. An­lass dafür ist oft das Fah­ren ohne Fahr­schein. Im Laufe die­ses Jahr soll nun ge­prüft wer­den, ob Schwarz­fah­ren in Zu­kunft nicht mehr als Straf­tat, son­dern nur noch als Ord­nungs­wid­rig­keit be­han­delt wird. Laut einer ak­tu­el­len Um­fra­ge fin­den je­den­falls zwei Drit­tel der Bun­des­bür­ger diese Idee gut.

Ab­schaf­fung der Er­satz­frei­heits­stra­fe für Schwarz­fah­rer?

Die Mei­nungs­for­scher von dimap, die die Um­fra­ge im Auf­trag der Platt­form "Frag den Staat" durch­ge­führt haben, hat­ten erst ge­fragt, ob die Be­frag­ten es rich­tig fin­den, dass Schwarz­fah­rer, die die Geld­stra­fe nicht zah­len, eine Ge­fäng­nis­stra­fe an­tre­ten müs­sen. Hier ist die Be­völ­ke­rung ge­spal­ten: Die Hälf­te der Wahl­be­rech­tig­ten fin­det das rich­tig. 45% der Bun­des­bür­ger sind da­ge­gen. Rund 5% der Be­frag­ten hat­ten dazu keine Mei­nung oder mach­ten keine An­ga­ben. Gegen die Er­satz­frei­heits­stra­fe für Schwarz­fah­rer spra­chen sich vor allem An­hän­ger der Grü­nen und der Links­par­tei aus. Mehr­heit­lich rich­tig fin­den die gel­ten­de Rechts­la­ge in die­ser Frage die An­hän­ger aller an­de­ren im Bun­des­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en. Die Ant­wor­ten auf die zwei­te Frage, ob Schwarz­fah­ren in Bus­sen und Bah­nen künf­tig in Deutsch­land wie Falsch­par­ken als Ord­nungs­wid­rig­keit mit Geld­bu­ße ge­hand­habt wer­den soll­te, las­sen je­doch eine große Of­fen­heit für eine Re­form er­ken­nen. Den An­ga­ben zu­fol­ge fän­den 69% der Bun­des­bür­ger eine sol­che Än­de­rung rich­tig. Le­dig­lich ein Vier­tel der Be­völ­ke­rung wäre da­ge­gen.

Vor­schlä­ge zur Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Schwarz­fah­rens er­war­tet

Der Bun­des­tag berät ak­tu­ell über eine Re­form des Sank­tio­nen­rechts, die unter an­de­rem kür­ze­re Er­satz­frei­heits­stra­fen vor­sieht. Am 17.04.2023 soll es dazu eine An­hö­rung von Sach­ver­stän­di­gen im Rechts­aus­schuss geben. Wer eine Geld­stra­fe nicht zahlt, sitzt die Summe al­ter­na­tiv im Ge­fäng­nis ab. Die Zahl der Tage, die Be­trof­fe­ne dann hin­ter Git­ter ver­brin­gen müs­sen, ent­spricht ak­tu­ell den Ta­ges­sät­zen, zu denen sie ver­ur­teilt wur­den. Der Ent­wurf von Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) sieht künf­tig eine Hal­bie­rung der Zahl der Haft­ta­ge vor. Die von Po­li­ti­kern der SPD, der Lin­ken und der Grü­nen vor­ge­schla­ge­ne Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Schwarz­fah­rens ist nicht Teil die­ser ge­plan­ten Re­form. Erste Vor­schlä­ge dazu, wie man künf­tig mit der so­ge­nann­ten Be­för­de­rungs­er­schlei­chung um­ge­hen will, sol­len aber bald kom­men.

Be­för­de­rungs­er­schlei­chung häu­figs­ter An­lass für Er­satz­frei­heits­stra­fe

"Das Fah­ren ohne Fahr­schein ge­hört nicht ins Sank­tio­nen­recht, son­dern wird im Rah­men der von mir eben­falls ge­plan­ten Re­form des be­son­de­ren Teils des Straf­ge­setz­bu­ches über­prüft wer­den", sagt Busch­mann. Der FDP-Po­li­ti­ker ver­spricht: "Dazu wird es im Laufe die­ses Jah­res einen Ent­wurf geben." Er fügt hinzu: "Das ist in der Ko­ali­ti­on auch be­kannt." Das mag ein Sei­ten­hieb auf Rechts­po­li­ti­ker der Ampel sein, die sich in De­bat­ten zur Re­form des Sank­tio­nen­rechts immer wie­der auch zum Schwarz­fah­ren ge­äu­ßert hat­ten. Dass es da einen Zu­sam­men­hang gibt, ist klar. Denn das Fah­ren ohne gül­ti­gen Fahr­schein ge­hört zu den De­lik­ten, die am häu­figs­ten An­lass für eine Er­satz­frei­heits­stra­fe sind.

Ber­lin und Bre­men haben An­trag ein­ge­reicht

Die Lan­des­re­gie­run­gen von Ber­lin und Bre­men hat­ten bei der Jus­tiz­mi­nis­ter­kon­fe­renz im ver­gan­ge­nen Juni einen An­trag zur Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Fah­rens ohne Fahr­schein ein­ge­reicht. Eine Mehr­heit fand sich dafür da­mals nicht. Am Ende ihres nächs­ten Tref­fens im No­vem­ber baten die Jus­tiz­mi­nis­te­rin­nen und Jus­tiz­mi­nis­ter dann den Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter, "im Zuge der ge­plan­ten Mo­der­ni­sie­rung des Straf­rechts auch die Auf­he­bung der Straf­bar­keit des Fah­rens ohne Fahr­schein in den Blick zu neh­men" und einen Ge­set­zes­vor­schlag zur Auf­he­bung der Straf­bar­keit zu un­ter­brei­ten.

Bay­ern wünscht sich dif­fe­ren­zier­tes Mo­dell

Dazu, wo er selbst genau in die­ser Frage steht, lässt sich Busch­mann nicht in die Kar­ten schau­en. Er habe dazu "ei­ge­ne Vor­stel­lun­gen, aber das wer­den wir erst in die Ko­ali­ti­on be­spre­chen", sagt er. Und: "Da gibt es auch nicht nur Schwarz oder Weiß, son­dern eine ganze Reihe ver­schie­de­ner Mo­del­le." Bay­erns Jus­tiz­mi­nis­ter Georg Ei­sen­reich (CSU) wünscht sich ein dif­fe­ren­zier­tes Mo­dell. Er sagt: "Mir ist wich­tig, dass nicht Men­schen kri­mi­na­li­siert wer­den, die ein­mal ohne Fahr­schein un­ter­wegs sind." Aber "no­to­ri­sche Schwarz­fah­rer sol­len wei­ter mit einem Straf­tat­be­stand an­ge­mes­sen sank­tio­niert wer­den kön­nen". Das schüt­ze die Ver­kehrs­be­trie­be und die große Mehr­heit der ehr­li­chen Kun­den, die Fahr­schei­ne kauf­ten und letzt­lich für die Schwarz­fah­rer mit­be­zah­len müss­ten.

Fi­nan­zi­el­les Ar­gu­ment spricht für Ent­kri­mi­na­li­sie­rung

Dass fi­nan­zi­el­le Er­wä­gun­gen auch bei den Über­le­gun­gen für eine Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Schwarz­fah­rens eine Rolle spie­len dürf­ten, ver­mu­tet die Platt­form "Frag den Staat". Denn auch jeder Haft­platz kos­tet die Bun­des­län­der, und letzt­lich die Steu­er­zah­ler, Geld.

Redaktion beck-aktuell, Anne-Beatrice Clasmann, 13. April 2023 (dpa).

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