Mehr Unterstützung bei Bildung und sozialem Wohnungsbau: Länder gegen zu viel Bundeskontrolle

Bei der beabsichtigten verstärkten Unterstützung der Länder bei der Verbesserung der Bildungsinfrastruktur und im sozialen Wohnungsbau (BR-Drs. 165/18) warnt der Bundesrat vor zu viel Kontrolle durch den Bund. Dies geht aus der Stellungnahme hervor, die er am 06.07.2018 zum Regierungsentwurf der dafür erforderlichen Grundgesetzänderung beschlossen hat.

Länder lehnen Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes ab

Es sei mit der verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern nicht vereinbar, wenn der Bund über die Zuweisung der Finanzhilfen hinaus auch Steuerungs- und Kontrollrechte gegenüber den Ländern erlange, heißt es darin. Dies berge die Gefahr, dass länderspezifische und regionale Besonderheiten bei den Investitionen nicht ausreichend berücksichtigt würden.

Ausgestaltung der Wohnraumförderung ist Sache der Länder

Dass der Bund künftig die Ausgestaltung der Länderprogramme zur Wohnraumförderung mitbestimmen will, lehnt der Bundesrat ab. Gerade der Bereich der Wohnraumförderung sei aufgrund des starken Regionalbezugs Ländersache. Unabhängig davon bittet der Bundesrat um Klarstellung, dass die Förderung des sozialen Wohnungsbaus nicht nur für den Neubau, sondern für Maßnahmen im Bestand möglich ist.

Änderungen der Gemeindeverkehrsfinanzierung nur mit Zustimmung der Länder

Bei den geplanten Änderungen der Gemeindeverkehrsfinanzierung fürchten die Länder eine Ausweitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Sie sollten deshalb nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich sein. Hierfür spreche auch, dass es sich bei den damit verbundenen Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr um einen sensiblen Bereich handele, der ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Sicherheit erfordere.

Hoffnung auf ÖPNV-Offensive

Ausdrücklich begrüßen die Länder, dass die Änderung der Gemeindeverkehrsfinanzierung aufgrund der Grundgesetzänderung sofort und nicht erst 2025 möglich ist. Hierdurch könne eine wirkliche ÖPNV-Offensive angestoßen und die für die Verkehrswende in Großstädten und Ballungsgebieten notwendige Infrastruktur errichtet werden. Dabei benennen sie zahlreiche Aspekte, die in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden sollten – wie die Aufnahme von Sanierungsförderungen und die Öffnung für Schienenpersonennahverkehr-Vorhaben außerhalb der Verdichtungsräume.

Länder fordern mehr Geld für Maßnahmen "ländlicher Entwicklung"

Darüber hinaus verlangt der Bundesrat, dass der Bund den Ländern künftig anteilig auch solche Maßnahmen erstattet, die der ländlichen Entwicklung zugute kommen, ohne einen agrarstrukturellen Bezug zu haben. Er fordert eine entsprechende Verfassungsänderung. Außerdem bittet er die Bundesregierung, eine Vereinfachung des Mitteleinsatzes zu prüfen, um den Ländern eine optimale Verwendung der finanziellen Förderung zu ermöglichen.

Bundesauftragsverwaltung erst ab 75%-iger Beteiligung

Weiter sprechen sich die Länder dafür aus, die bisherige 50-%-Grenze für eine Bundesbeteiligung ohne Bundesauftragsverwaltung auf 75% zu erhöhen. Gerade bei den Sozialausgaben würden die 50% sehr schnell erreicht, weshalb Kommunen in diesem Bereich in ihren Steuerungsmöglichkeiten unangemessen beschränkt seien, heißt es zur Begründung.

Kooperationsverbot soll gelockert werden

Um die Länder besser in den Bereichen Bildung und sozialen Wohnungsbau unterstützen zu können, sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Lockerung des Kooperationsverbotes in Art. 104c GG sowie die Einführung eines neuen Grundgesetzartikels 104d vor. Der neue Art. 104d GG ermöglicht zweckgebundene Finanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau. Zwar kann der Bund die Länder über die sogenannten Entflechtungsmittel auch derzeit schon bei der sozialen Wohnraumförderung unterstützen. Diese Gelder müssen aber gerade nicht zweckgebunden verwendet werden.  

Auch Länder sollen Bauplanung für Fernstraßen übernehmen können

Darüber hinaus soll verfassungsrechtlich abgesichert werden, dass ein Land Planfeststellungsverfahren für einen Autobahnbau auf Antrag auch selbst übernehmen kann. Diese Gesetzesänderung war im Zuge der Neuregelung der Bund-Länderfinanzbeziehung 2017 einfachgesetzlich beschlossen worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte das Gesetz jedoch nicht unterzeichnet, da er für die Regelung eine Verfassungsänderung für erforderlich hielt.

Insgesamt sieben Milliarden für Schulen

Bei der Bildungsoffensive geht es insbesondere um den Ausbau des Digital- und Ganztagsangebots in den Schulen. Die Grundgesetzänderung soll es dem Bund ermöglichen, die Länder unabhängig von ihrer Finanzsituation bei der Verbesserung der kommunalen Bildungsinfrastruktur unterstützen können. Insgesamt fünf Milliarden Euro will der Bund für die digitale Ausstattung von Schulen bereitstellen, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Für den Ausbau von Ganztagsschul- und Betreuungsangeboten sind zwei Milliarden vorgesehen. Bislang kann der Bund nur finanzschwachen Gemeinden helfen. 

Stellungnahme geht in den Bundestag

Die Stellungnahme der Länder wird nun über die Bundesregierung in das Bundestagsverfahren eingebracht.

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2018.

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