Mehr Schutz für Bestandsdaten von Handy- und Internetnutzern

Der Bundestag verabschiedete am 28.01.2021 ein Gesetz, das es den Sicherheitsbehörden schwerer macht, zur Strafverfolgung und Terrorabwehr sogenannte Bestandsdaten abzurufen. Das Bundesverfassungsgericht hatte höhere Hürden für den staatlichen Zugriff auf persönliche Daten von Handy- und Internetnutzern gefordert. Gleichzeitig wurde das Gesetz gegen Hasskriminalität nachgebessert, in dem es ähnliche Regelungen zur Datenabfrage geben sollte.

BVerfG erklärte Bestandsdatenauskunft für verfassungswidrig

Mit Beschluss vom 27.05.2020 hat das Bundesverfassungsgericht die Übermittlungsregelung für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen des § 113 TKG und die Übermittlungsbefugnisse des § 15a TMG sowie weitere Fachgesetze des Bundes, die die manuelle Bestandsdatenauskunft regeln, für verfassungswidrig erklärt (BeckRS 2020, 16236). Die Normen verletzten die beschwerdeführenden Inhaber von Telefon- und Internetanschlüssen in ihren Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses gemäß Art. 10 Abs. 1 GG.

Manuelle Bestandsdatenauskunft muss angepasst werden

Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht es Sicherheitsbehörden, von Telekommunikationsunternehmen Auskunft insbesondere über den Anschlussinhaber eines Telefonanschlusses oder einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse zu erlangen. Bisher waren Abfragen von Bestandsdaten allgemein zur Gefahrenabwehr, zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hatte klargestellt, dass der Gesetzgeber nach dem Bild einer Doppeltür sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen schaffen müsse. Übermittlungs- und Abrufregelungen müssten die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen, indem sie insbesondere tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz vorsehen. Blieben die Eingriffsschwellen im Bereich der Gefahrenabwehr oder der nachrichtendienstlichen Tätigkeit hinter dem Erfordernis einer konkreten Gefahr zurück, müssten im Gegenzug erhöhte Anforderungen an das Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter vorgesehen werden. Die genannten Voraussetzungen würden von den angegriffenen Vorschriften weitgehend nicht erfüllt. Im Übrigen habe der Senat wiederholend festgestellt, dass eine Auskunft über Zugangsdaten nur dann erteilt werden darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Nutzung gegeben sind.

Umsetzung der BVerfG-Anforderungen

Zur Umsetzung des Beschlusses sowie zur Anpassung der inhaltlich mit den für verfassungswidrig erklärten Normen übereinstimmenden Vorschriften des Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität sind Änderungen der Übermittlungsbefugnisse des § 15a TMG und des § 113 TKG erforderlich. Darüber hinaus sind nach Ansicht der Koalitionsfraktionen Änderungen der polizeilichen Abrufregelungen des Bundespolizeigesetzes, des Bundeskriminalamtgesetzes, des Zollfahndungsdienstgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ebenso erforderlich wie Änderungen der nachrichtendienstlichen Abrufregelungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes, des Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst und des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst. Auch § 100j StPO müsse angepasst werden. Da für den Bereich des Gefahrenabwehrrechts die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern liege, seien § 15a TMG und § 113 TKG entsprechend offen formuliert. Die Anpassung der entsprechenden Landesgesetze liege in der Verantwortung der Länder.

Weitere Gesetzesänderungen

Gleichzeitig wird auch das bereits verabschiedete Gesetz gegen Hasskriminalität nachgebessert, in dem bislang ähnliche Regelungen zur Datenabfrage vorgesehen waren. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte das Gesetz im vergangenen Jahr wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gestoppt.

Abgelehnter Antrag der Grünen

Der Antrag der Grünen, das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität verfassungskonform auszugestalten, wurde abgelehnt. Das Gesetz enthalte laut einem Rechtsgutachten teils offensichtlich, teils mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrige und teils verfassungsrechtlich zweifelhafte Regelungen, so die Grünen in ihrem Antrag. Daher solle der Bundestag die Bundesregierung auffordern, einen neu gefassten, an die Anforderungen des Grundgesetzes angepassten Gesetzentwurf vorzulegen. So sollte die Zentralstellenfunktion des Bundeskriminalamtes präzisiert und ein zweistufiges Meldeverfahren entsprechend dem Änderungsvorschlag der antragstellenden Fraktion vom 17.06.2020 eingeführt werden.

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2021 (ergänzt durch Material der dpa).