Kabinett stößt mehr Freiheiten für Geimpfte und Genesene an
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Die Bundesregierung hat heute im Umlaufverfahren eine von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegte Verordnung beschlossen, nach der Erleichterungen und Ausnahmen von Corona-Schutzmaßnahmen für Geimpfte und Genesene gelten sollen, die negativ getesteten Personen gleichgestellt werden sollen. Die Verordnung benötigt die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

Mehr Freiheiten für Geimpfte und Genesene

Die Regelung in § 28c IfSG sieht vor, dass die Bundesregierung inzidenzunabhängig ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten für Personen zu regeln, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Testergebnis auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können. Mit den zunehmenden wissenschaftlichen Belegen, dass von geimpften und genesenen Personen eine erheblich geringere Ansteckungsgefahr ausgeht, können Erleichterungen für diese Personengruppen vorgesehen werden.

Testpflichten, Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen entfallen

Die heute beschlossene Verordnung sieht daher insbesondere vor, dass geimpfte und genesene Personen hinsichtlich bereits bestehender Ausnahmen von Schutzmaßnahmen mit Personen gleichgestellt werden, die negativ auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet sind. Daher entfällt für geimpfte und genesene Personen ein negatives Testergebnis als Zugangsvoraussetzung etwa zum Friseur. Außerdem gelten für diesen Personenkreis nicht mehr die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen.

Maskenpflicht und Abstandsgebote gelten weiter

Gebote zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und Abstandsgebote für geimpfte, genesene und getestete Personen von den Erleichterungen und Ausnahmen unberührt bleiben. Geimpfte, genesene und getestete Personen müssen also weiterhin eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und Abstandsgebote einhalten. Wenn Bundestag und Bundesrat am Donnerstag und Freitag wie geplant zustimmten, könnten die Lockerungen schon ab Samstag gelten.

Lambrecht: Einschränkungen zügig aufheben

Lambrecht sagte: "Die Grundrechte müssen wieder zur Entfaltung kommen, sobald die Begründung für ihre Einschränkung nicht mehr besteht. Wenn das Risiko einer Virusübertragung bei vollständig Geimpften und Genesenen stark vermindert ist, muss das bei den Maßnahmen berücksichtigt werden. Dies haben wir jetzt umgesetzt. Wir haben uns in der Bundesregierung innerhalb kürzester Zeit auf diese Verordnung einigen können. Damit senden wir ein wichtiges Signal und ermöglichen Bundestag und Bundesrat eine zügige Befassung." Ganz wichtig sei, dass die Impfungen den Weg aus der Pandemie weisen. Die Impfungen nähmen jetzt endlich richtig Fahrt auf. Die Hoffnung auf einen wirksamen Schutz gegen das Corona-Virus werde damit für immer mehr Menschen zur Realität. Dank sinkender Infektionszahlen und immer mehr Geimpften zeigte sich Lambrecht zuversichtlich, dass es zügig zu weiteren Öffnungsschritten kommen könne.

Länder kündigen schon weitergehende Öffnungen an

Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, setzte sich dafür ein, in Regionen mit geringen Infektionszahlen auch Kultur, Gastronomie und Hotels für Geimpfte und Genesene wieder zu öffnen. Es müsse mehr Normalität möglich sein - dazu gehörten Kultur, Gastronomie und Hotellerie. Man könne dafür nicht warten, bis jeder in Deutschland geimpft sei. "Grundrechte können nicht dadurch beschränkt werden, dass einige sich nicht impfen lassen wollen oder noch nicht geimpft worden sind", betonte Dobrindt. Mehrere Bundesländer kündigten eine vorsichtige Öffnung für den Tourismus an. In Bayern sollen Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze in Kreisen mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 ab dem 21.05. öffnen dürfen. Zudem dürfen in diesen Landkreisen ab Montag die Außengastronomie, Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos unter Auflagen öffnen.

Niedersachsen mit Stufenplan

Auch Niedersachsen kündigte an, den Handel, die Gastronomie und den Tourismus in Regionen mit niedrigen Infektionszahlen unter Auflagen zu öffnen. Mehr Möglichkeiten und Freiheiten soll es für Menschen mit einem tagesaktuell negativen Corona-Test und bereits vollständig geimpfte Menschen geben. Der Tourismus werde für voraussichtlich drei Wochen zunächst nur für Einwohner Niedersachsens geöffnet, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die Gastronomie soll zunächst draußen und zwei Wochen später mit einer Sperrstunde auch drinnen wieder öffnen können. Auch Kulturveranstaltungen im Freien sollen wieder möglich werden. 

Warnungen aus Baden-Württemberg und vom Gesundheitsminister

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dämpfte hingegen die Hoffnung auf baldige Reisen. "Das sehe ich erstmal nicht. Dazu müssten die Inzidenzen drastisch runtergehen, bevor wir sowas ins Auge fassen können", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mahnte trotz erster Anzeichen für eine allmähliche Entspannung der Corona-Lage weiter zur Vorsicht. "Die Zahlen sinken, das ist ermutigend", sagte er. Das Reduzieren von Kontakten bewähre sich, es sei aber zu früh, um von einer Trendwende zu sprechen. Der Gesundheitsminister verwies auf das deutlich höhere Impftempo und konkretisierte die Aussicht auf Impfmöglichkeiten für alle Bürger dank erwartungsgemäß wachsender Impfstoffmengen. "Das macht es uns möglich, in der ersten Hälfte des Junis die Priorisierung aufzugeben." Es werde aber natürlich auch noch Wartezeiten geben, sagte Spahn.

Lauterbach warnt vor Spannungen durch zu weitgehende schnelle Öffnungen

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte vor einer schnellen Öffnung von Gastronomie und Hotels. Zwar sei es "eine notwendige und gute Entscheidung", die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte zurückzunehmen. "Was nicht geht, ist, dass Geschäfte oder Restaurants geöffnet werden nur für diejenigen, die geimpft sind. Das würde zu Spannungen führen, die man kaum ertragen könnte", sagte Lauterbach im Deutschlandfunk. Eine flächendeckende Kontrolle bei Öffnungen sei schwierig und es gelte jetzt, den ausgewiesenen Erfolg bei der Bekämpfung der Pandemie zu sichern. "Wir dürfen nicht den Fehler machen, jetzt einen schnellen, frühen Rückfall zu riskieren", betonte Lauterbach. "Wir sind noch sehr weit von der Herdenimmunität entfernt."

Sachsen will ab kommender Woche lockern

Sachsen stellt vollständig gegen Corona geimpfte Menschen sowie Genesene bereits ab dem 10.05.2021 in vielen Punkten mit negativ Getesteten gleich. Für Geimpfte und Genesene soll konkret in vielen Situationen die Testpflicht entfallen. Das sieht die neue Corona-Schutzverordnung vor, die vom 10. bis zum 30. Mai gelten soll. Als vollständig geimpft gelten Menschen 14 Tage nach ihrer zweiten Impfung. Das sagte Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am Dienstag in Dresden nach einer Sitzung des Kabinetts. Zudem seien die Öffnung der Außengastronomie und Lockerungen für die Tourismusbranche unter Auflagen geplant, wenn die 7-Tage-Inzidenz in einer Region fünf Tage lang unter 100 liegt. Auf Campingplätzen und in Ferienwohnungen sei dann wieder Urlaub möglich, aber einer Inzidenz unter 50 auch in Pensionen und Hotels. Bei höheren Infektionszahlen greife weiterhin die sogenannte Bundes-Notbremse durch das Infektionsschutzgesetz. Die derzeit niedrigste Inzidenz hat in Sachsen die Stadt Leipzig mit 114,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.

Mecklenburg-Vorpommern öffnet sich (etwas) für Einreisen

Derweil erlaubt Mecklenburg-Vorpommern vollständig geimpften Tagesausflüglern und Zweitwohnungsbesitzern aus anderen Bundesländern wieder die Einreise. Touristische Übernachtungen etwa in Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen oder auf Campingplätzen bleiben aber weiterhin untersagt, wie Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) am Dienstag nach einer Sitzung des Schweriner Kabinetts sagte. Die Neuregelung soll bereits von diesem Mittwoch an gelten. Das Kabinett hat mit seiner Entscheidung zu den Zweitwohnungsbesitzern einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Greifswald umgesetzt. Das OVG hatte die entsprechende Regelung der Corona-Landesverordnung am vergangenen Freitag für willkürlich und unrechtmäßig erklärt und das Land zur Neuregelung aufgefordert.

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2021 (ergänzt durch Material der dpa).