Experten: Heilpraktiker keine gleichwertige Alternative zu Ärzten
Die Politik dürfe nicht länger hinnehmen, dass sich Alternativmediziner nach einer kurzen, weitgehend unregulierten Ausbildung als staatlich anerkannte Heilpraktiker bezeichnen dürfen. Das erwecke bei Patienten den Eindruck, Heilpraktiker seien eine gleichwertige Alternative zu Ärzten, die ein langjähriges Studium absolviert hätten. Das könne gefährliche Folgen haben. Die Gruppe um die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert beklagt, dass die Alternativ-Mediziner trotz fehlender wissenschaftlicher Beweise für die Wirksamkeit ihrer Methoden tätig würden. Die Expertengruppe greift in dem Memorandum als Negativbeispiel den Fall eines Heilpraktikers am Niederrhein auf. Der hatte im Sommer 2016 Patienten in einer alternativen Krebspraxis behandelt. Drei von ihnen starben später. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Die Politik hatte daraufhin bereits angekündigt, die rechtlichen Grundlagen zu überprüfen.
Staatliche Erlaubnis nach erfolgreicher Prüfung reicht für Tätigkeit als Heilpraktiker aus
Heilpraktiker benötigen für ihre Arbeit eine staatliche Erlaubnis, die sie nach einer erfolgreichen Prüfung ohne ein Medizin-Studium erhalten. Patienten schätzen unter anderem den fehlenden Zeitdruck in deren Praxen. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten der Behandlung allerdings nicht. Heilpraktiker dürfen keine rezeptpflichtigen Arzneien verschreiben oder herstellen. Das gleiche gilt für Betäubungsmittel. Sie dürfen auch nicht röntgen, den Tod feststellen oder in Fachbereichen wie der Zahnmedizin oder Geburtshilfe tätig werden.
Experten für Einführung eines spezialisierten Fach-Heilpraktikers
Unterschrieben haben das Memorandum Experten aus verschiedenen Fachrichtungen, darunter Medizin-Ethiker, Juristen, Historiker, Pflegeexperten und ein Journalist. "Wir wollten den gegenwärtigen Irrsinn nicht länger hinnehmen", sagt Schöne-Seifert laut Mitteilung. Die Autoren erhoffen sich von ihren Vorschlägen, dass das Vertrauen in das deutsche Gesundheitswesen gestärkt und die Patientenversorgung verbessert wird. Das Label "staatlich anerkannt" solle nach einer Reform wieder ein Qualitätsmerkmal für Patienten sein. Sie fordern die Politik auf, das Heilpraktikerwesen "nicht nur kosmetisch, sondern grundlegend zu reformieren“. Dabei solle der Heilpraktikerberuf durch die Einführung eines spezialisierten Fach-Heilpraktikers abgelöst werden. Die Experten schlagen dazu vor, Mitarbeiter der bestehenden Gesundheitsfachberufe wie Alten- und Krankenpfleger zusätzlich zu qualifizieren.
Deutsche Stiftung Patienschutz begrüßt Memorandum
Die Deutsche Stiftung Patienschutz begrüßte das "Münsteraner Memorandum“. "Es ist überfällig, dass das Heilpraktikerrecht grundlegend reformiert wird“, sagte Vorstand Eugen Brysch laut Mitteilung. Es fehlten einheitliche Standards für den Heilpraktikerberuf. "So können Patienten kaum zwischen einem seriösen Anbieter und einem Scharlatan unterscheiden.“ Bundesgesundheitsminister Gröhe sei gefragt, dieses Thema umgehend auf die politische Tagesordnung zu setzen. Brysch weiter: "Es darf nämlich nicht sein, dass es in Deutschland weiterhin einfacher ist, Heilpraktiker zu werden als Krankenpfleger.“