May unterzeichnet EU-Austrittserklärung Großbritanniens

Neun Monate nach dem Brexit-Referendum hat Großbritannien am 29.03.2017 die Scheidungspapiere in Brüssel eingereicht. Damit ist der Weg für die zweijährigen Verhandlungen mit der Europäischen Union frei. Die Briten hatten im Juni 2016 in einem historischen Referendum mit knapper Mehrheit für den Brexit gestimmt.

Offizielle Erklärung im britischen Parlament

May habe die EU-Austrittserklärung bereits am 28.03.2017 unterzeichnet, berichteten mehrere britische Medien. Am 30.03.2017 wollte sie dazu offiziell eine Erklärung im britischen Parlament abgeben. May werde erklären, dass Großbritannien eine stolze Vergangenheit und eine glänzende Zukunft habe, berichtete der Sender Skynews. Die Menschen müssten nun zusammenstehen. Etwa zur selben Zeit mit der Austrittserklärung überreicht der britische Botschafter Tim Barrow in Brüssel das mehrseitige Schreiben an den Europäischen Rat.

EU erhofft sich konkrete Hinweise zu britischen Zielen

Die übrigen 27 Länder haben bereits eine gemeinsame Stellungnahme angekündigt. Ihre Verhandlungsposition wollen sie allerdings erst bei einem Sondergipfel am 29.04.2017 festzurren. Die EU-Seite erhofft sich von May jetzt konkrete Hinweise zu den britischen Zielen in den komplizierten Verhandlungen. Bislang hat sich die Premierministerin recht vage geäußert. Auf einer Veranstaltung in Birmingham sagte May kürzlich, dass sie eine "neue tiefe und besondere Partnerschaft“ mit der EU anstrebe.

Noch viele Fragen offen

Klar ist aber, dass sie einen harten Brexit will: Großbritannien wird demnach auch aus dem Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion aussteigen. Die Briten wollen sich auch nicht mehr der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg unterwerfen. Zu den wichtigsten Themen gehören die Rechte der etwa drei Millionen EU-Ausländer in Großbritannien, darunter sind etwa 135.000 Deutsche. Etwa eine Million Briten leben in anderen EU-Ländern. Auch die neue EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland ist ein Topthema. Sie könnte dem Handel auf der Insel schaden und alte Wunden in der Ex-Bürgerkriegsregion aufreißen.

Deutschland gegen Einzelabsprachen

Ein internes Papier der Bundesregierung, über das die "Bild“-Zeitung am 29.03.2017 berichtet, zeige, dass Berlin "Einzelabsprachen ablehnt, da diese zu einer Spaltung der 27 EU-Staaten führen könnten“. Zwar stehen offiziell 24 Monate für die Brexit-Verhandlungen zur Verfügung, de facto verkürze sich diese Zeit auch wegen der erforderlichen Beteiligung des Europäischen Parlaments auf 15 Monate. Deutschland lehne Ausnahmen, Übergangsregelungen und Nachverhandlungen für Einzelbereiche ab, da strittige Fragen, wie etwa die Personenfreizügigkeit, später kaum einfacher zu verhandeln seien.

Streitpunkte: Geld und Reihenfolge der Verhandlungen

Ärger deutet sich schon jetzt bei der Austrittsrechnung an. Experten sprechen von bis zu 60 Milliarden Euro, die die EU noch von Großbritannien verlangen könnte. Dabei geht es um Verpflichtungen, die das Land in mehr als 40 Jahren EU-Mitgliedschaft eingegangen ist. Die Premierministerin stellte solche hohen Zahlungen infrage. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU), erwartet, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt "allen eingegangenen Verpflichtungen nachkommen muss“. Zwischen beiden Seiten umstritten ist auch die Reihenfolge der Verhandlungen. Während die EU erst einmal die Bedingungen des Austritts klären will, wollen die Briten möglichst rasch über einen umfassenden Freihandelsvertrag reden.

Schottland liebäugelt mit Trennung

Streit gibt es zudem zwischen May und Schottland. Kurz vor der EU-Austrittserklärung stimmte das schottische Parlament am 28.03.2017 einem erneuten Referendum zur Trennung von Großbritannien zu. Anlass für die Volksabstimmung ist Mays harter Brexit-Kurs. Schottland will zumindest im Europäischen Binnenmarkt bleiben. May lehnt einen solchen Sonderweg kategorisch ab. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon will ihre Landsleute zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 über die Loslösung von Großbritannien abstimmen lassen – also vor dem Brexit. Dafür braucht sie noch die Zustimmung aus London. May machte bereits klar, dass sie erst den Austritt aus der EU unter Dach und Fach bringen will.

Redaktion beck-aktuell, 30. März 2017 (dpa).

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