Maßnahmen zum Energiesparen gebilligt

Das Bundeskabinett hat am 24.08.2022 Maßnahmen zur Energieeinsparung für die kommende und die übernächste Heizperiode beschlossen. Den Rechtsrahmen bilden zwei Verordnungen, die auf dem Energiesicherungsgesetz basieren. Die Regelungen richten sich an öffentliche Körperschaften, Unternehmen und private Haushalte. Hintergrund ist die angespannten Gasversorgungslage durch den russischen Angriff auf die Ukraine.

Erste Schätzungen: Senkung des Gasverbrauchs um 2%

Neben der Einsparung von Gas sind auch Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken sollen, da dies dazu beiträgt, die Stromerzeugung mit Gas zu verringern. Eine Verordnung mit Kurfristmaßnahmen gilt ab September und hat eine Dauer von 6 Monaten. Die zweite Verordnung mit mittelfristigen Maßnahmen gilt ab Oktober und hat eine Geltungsdauer von 24 Monaten. Die Maßnahmen dienen zugleich auch als Beitrag zur Umsetzung der Einsparvorgaben der Europäischen Union. Die EU-Staaten haben sich verpflichtet, ihren Gasverbrauch ab August um mindestens 15% zu verringern - im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre. Deutschland, das über die letzten Jahre besonders abhängig von russischem Gas war, muss seinen Gasverbrauch demnach um 20% senken. Mit den nunmehr beschlossenen Maßnahmen könne der Gasverbrauch nach ersten Schätzungen um ungefähr 2% sinken. Zugleich ließe sich in den kommenden beiden Jahren ein Einsparvolumen von gut 10,8 Milliarden Euro erreichen.

Kurzfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung ab September

Die ab September geltende Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) zielt auf Einsparungen ab, die bereits in dieser Heizsaison zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen können. Einen besonderen Schwerpunkt bilden Maßnahmen für die öffentliche Hand. So sollen Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, etwa Flure oder große Hallen, Foyers oder Technikräume, nicht mehr geheizt werden, sofern dies nicht entweder aus technischen oder sicherheitstechnischen Gründe erforderlich oder zur Aufrechterhaltung der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Personen geboten ist, wie zum Beispiel in medizinischen Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.

Regeln für Büros in öffentlichen Gebäuden

Um der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Gassparen Rechnung zu tragen, dürfe in in öffentlichen Nichtwohngebäuden eine Lufttemperaturhöchstgrenze von vorübergehend 19 Grad nicht überschritten werden. Die bisher empfohlene Mindesttemperatur liegt für Büros bei 20 Grad. In anderen Arbeitsräume soll die Temperatur in Abhängigkeit des Grades der körperlichen Anstrengung, die mit der Tätigkeit in diesen Räumen verbunden ist, herabgesetzt werden. Ausgenommen sind auch hier zum Beispiel medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten. Zudem sind in öffentlichen Nichtwohngebäuden dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen, insbesondere Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist und sofern Hygienevorschriften dem nicht entgegenstehen. Ausgenommen sind auch hier: medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.

Keine Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern

Die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung ist untersagt. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie allgemein alle Fälle, in denen die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.

Regeln für den Einzelhandel

In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist. Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Dies gilt nicht, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.

Einsparungen im privaten Bereich

Auch im privaten Bereich sind kurzfristige Einsparmaßnahmen vorgesehen. So bekommen Mieterinnen und Mieter mehr Spielraum, um Energie einzusparen. Klauseln in Mietverträgen, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen, sollen für die Geltungsdauer der Verordnung vorübergehend ausgesetzt werden. Eine Schädigung von Gebäuden soll in der Regel durch entsprechendes Lüftungsverhalten verhindert werden. In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz nach der Verordnung untersagt. Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen. Gewerblich genutzte Pools sind davon nicht betroffen.

Mehr und detailliertere Information für private Energiesparmaßnahmen

Schließlich werden Gas- und Wärmelieferanten verpflichtet, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotenziale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison zu informieren. Eigentümer von Wohngebäuden, deren Wohngebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen weiterzuleiten (Weiterleitungspflicht). Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen auf dieser Grundlage zudem spezifische Informationen zu Energieverbrauch und Energiekosten der jeweiligen Wohneinheit geben. Bei erneuten Preissteigerungen sind erneut Informationen bereitzustellen.

Mittelfristig wirksame Energiesparmaßnahmen ab Oktober

Die ab Oktober geltende Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) zielt auf Einsparungen in der kommenden und der folgenden Heizperiode ab, hat aber auch eine Wirkung darüber hinaus. So müssen alle Eigentümer von Gebäuden mit Gasheizungen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen. Eigentümer von großen Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung auf Erdgasbasis müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt wurde. Dies gilt für Firmen und öffentliche Gebäude ab 1.000 Quadratmeter sowie für große Wohngebäude ab sechs Wohneinheiten. Da es sich hierbei um eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, trägt hierfür der Eigentümer bzw. der Vermieter die Kosten. Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden pro Jahr werden zudem verpflichtet, wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Redaktion beck-aktuell, 25. August 2022.

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