Marburger OB vereinbart Protest-Stopp mit Aktivisten

Der Marburger Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) hat sich nach eigenen Angaben mit Klimaaktivisten der Letzten Generation verständigt. Die Aktivisten hätten zugesagt, künftig auf ein Festkleben auf Marburger Straßen zu verzichten, teilte Spies gestern mit. Das Hessische Justizministerium hält dies für ein fatales Signal.

Scharfe Kritik am Schulterschluss

Er selbst habe im Gegenzug ein Schreiben an die Bundesregierung sowie die demokratischen Fraktionen im Bundestag geschrieben, in dem er “inhaltliche Forderungen der Letzten Generation unterstützt“ und um eine wohlwollende Prüfung und eine positive Begleitung bittet, so Spies in einer Mitteilung. Die Klimaaktivisten der Letzten Generation bieten einen Stopp ihrer Proteste im ganzen Land oder in einzelnen Kommunen an, wenn die jeweilige Regierung auf ihre Forderungen eingeht. Dabei handelt es sich um eine dauerhafte Einführung des 9-Euro-Tickets für den ÖPNV, ein Tempolimit auf Autobahnen und die Bildung eines Bürger- oder Gesellschaftsrates, der sich mit dem Klimaschutz beschäftigen soll.

Scharfe Kritik aus dem Hessischen Justizministerium

Dies war teils auf scharfe Kritik gestoßen. “Erpressung ist keine Ausdrucksform legitimen Protests“, erklärte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin, gegenüber der “Welt“. Kritik kam auch aus dem Hessischen Justizministerium: Es sei ein fatales Signal, wenn jetzt einzelne Oberbürgermeister Kompromisse mit der Letzten Generation eingingen, um weitere Straftaten in ihrer Stadt zu verhindern. Dem Vorgehen der Letzten Generation liege ein völlig verfehltes Demokratie- und Rechtsstaatverständnis zugrunde. Man dürfe Rechtsstaat und Demokratie nicht aufweichen, um sich von strafwürdigen Protestformen zu befreien.

Spies verteidigt sein Vorgehen

Spies meinte hingegen, die Stadt lasse sich nicht erpressen. Auf die Abmachung mit den Aktivisten und das Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe er sich eingelassen, weil sich die Ziele der Aktivisten mit denen der Stadt deckten. Der Brief bringe “zum Ausdruck, was in der Universitätsstadt Marburg Beschlusslage ist“, so Spies. Ähnlich wie in Hannover unterstützte Spies in dem Schreiben unter anderem die Forderung nach der Einberufung eines “Gesellschaftsrates“ aus repräsentativ und zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern. Sie sollten “die Frage beraten, wie wir in Deutschland Nullemissionen bis 2030 erreichen“, hieß es in dem Brief.

Redaktion beck-aktuell, 7. März 2023 (ergänzt durch Material der dpa).