Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Europa vor einem "Rückzug ins Nationale" gewarnt. Das sei die "schlechteste Option", sagte er in einem am 05.10.2017 veröffentlichten Interview des ZDF-"heute-journals". Als das größte Risiko für Europa bezeichnete Macron eine Spaltung des Kontinents und das Fehlen eines gemeinsamen Projekts. "Die Extreme nehmen zu und werden gestärkt durch unsere Unfähigkeit, der Mittelschicht zum Erfolg zu verhelfen.
Wir müssen jedem eine Perspektive und Fortschritt bieten", betonte der Staatschef in einer Übersetzung des Senders. Für die Überwindung von Arbeitslosigkeit und sozialer Ungleichheit bedürfe es wirtschaftlichen Wachstums.
"Jahre des Selbstzweifels"
Zugleich ging Macron mit dem derzeitigen Zustand Europas hart ins Gericht. "Ich glaube, alle Spaltungen in Europa erwachsen aus einer Zukunfts-Unfähigkeit, wir zweifeln an uns selbst und igeln uns ein", sagte er. Die vergangenen zwölf Jahre seien Jahre des Selbstzweifels gewesen, man könne fast von einer Art "europäischem Bürgerkrieg" sprechen. Die europäischen Länder hätten eher die Unterschiede betont und Egoismen ausgelebt. "Uns fehlt die gegenseitige Solidarität und manchmal auch die nötige Verantwortung – die einen haben nicht reformiert, die anderen waren nicht solidarisch."
Lob von Merkel
Macron hatte zuletzt in einer vielbeachteten Rede eine schnellere, effizientere und stärkere EU gefordert und eine ganze Serie von Reformen verlangt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte ihn für diesen Vorstoß. Kommende Woche eröffnen beide gemeinsam die Frankfurter Buchmesse.
Redaktion beck-aktuell, 6. Oktober 2017 (dpa).
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