Interkommunales Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt
Das Gericht stellte in dem Urteil zunächst klar, dass die Berücksichtigung der besonderen Bedarfe der Zentralen Orte für die Erfüllung übergemeindlicher Aufgaben im Rahmen des Finanzausgleichs mit der Landesverfassung vereinbar ist. Darin liege kein Verstoß gegen den Grundsatz, dass das Land die Gemeinden bei der Zuweisung finanzieller Mittel gleich behandeln muss ("interkommunales Gleichbehandlungsgebot"). Für die zusätzlichen Zuweisungen an die Zentralen Orte gebe es einen ausreichenden sachlichen Grund. Denn diese müssten nach dem Landesplanungsrecht ihre öffentlichen Einrichtungen und ihre sonstige Aufgabenerfüllung so dimensionieren, dass diese auch von den Einwohnerinnen und Einwohnern der Umgebung des jeweiligen Ortes genutzt werden können. Die nicht-zentralen Gemeinden würden dadurch entlastet, so das Gericht.
Anknüpfung an Kategorien des Landesplanungsrechts rechtens
Auch dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs an die Kategorien des Landesplanungsrechts anknüpft, sei mit der Landesverfassung vereinbar. Der Gesetzgeber habe insoweit einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Dieser werde nicht überschritten, wenn das in Schleswig-Holstein seit über 50 Jahren etablierte und fachlich nie in Frage gestellte System für Zuweisungen an Zentrale Orte fortgeführt wird. Der Gesetzgeber könne sich bei der Zuweisung von Mitteln für die Wahrnehmung übergemeindlicher Aufgaben im Rahmen des Finanzausgleichs daran orientieren, inwieweit eine Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, Einrichtungen vorzuhalten, die von der Bevölkerung der Umlandgemeinden mitgenutzt werden.
Festlegung der Höhe der Zuweisungen fehlerhaft
Die konkrete Gesamthöhe der Zuweisungen an die Zentralen Orte sei jedoch nicht in einer den Anforderungen der Landesverfassung entsprechenden Weise bedarfsorientiert ermittelt worden, monierte das LVerfG. Bei der Festlegung der Höhe der Zuweisungen an Kreise und kreisfreie Städte, Gemeinden und Zentrale Orte müsse sich der Gesetzgeber an dem aus den jeweiligen Aufgaben folgenden Bedarf orientieren. Die Erwägungen, die er dabei angestellt hat, müssten im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens offengelegt werden.
Bedarf wurde nicht neu ermittelt
Der Gesetzgeber habe die Quote der Zuweisungen für Zentrale Orte aus der Vorgängerregelung mit rechnerischen Anpassungen, aber ohne eine neue Bedarfsermittlung in die Neuregelung des Finanzausgleichs übernommen und dadurch auch die Höhe der Zuweisungen für die Gemeinden mitbestimmt. Das von der Landesregierung zuvor in Auftrag gegebene Gutachten habe einen Verzicht auf die gesonderte Zuweisung an die Zentralen Orte vorgeschlagen und deshalb gar keine entsprechenden Berechnungen enthalten. Deshalb habe der Gesetzgeber auf ein der vorherigen Regelung des Finanzausgleichs zugrundeliegendes Gutachten zurückgegriffen und die Zuweisungshöhe für die Zentralen Orte fortgeschrieben. Die damalige Bedarfsermittlung hatte das LVerfG jedoch mit Urteil vom 27.01.2017 beanstandet. Die Vorgaben aus diesem Urteil seien bei der Neuregelung im Jahr 2020, die Gegenstand des jetzigen Verfahrens war, nicht berücksichtigt worden, beanstandete das LVerfG.
Gesetzgeber muss Werte jedes Mal überprüfen
Im Übrigen dürfe sich der Gesetzgeber nicht darauf beschränken, einmal festgesetzte Werte, Größenordnungen und Prozentzahlen in den folgenden Finanzausgleichsgesetzen schlicht fortzuschreiben. Er müsse sich jedes Mal erneut überzeugen, dass diese geeignet seien und hierzu aktualisierte Erwägungen anstellen, so das LVerfG.
Regelungen vorerst weiter anwendbar
Das LVerfG hat die jetzige Ausgestaltung des Finanzausgleichs nicht mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt, weil dadurch die geordnete Finanz- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden gefährdet würde. Die Vorschriften sind bis zum Inkrafttreten der Neuregelung weiterhin anzuwenden.