Reine Briefwahl bei höherer Gewalt
Konkret ging es um Regelungen, die mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes und wahlrechtlicher Vorschriften am 02.11.2020 eingeführt worden waren. Sie sehen vor, dass in Fällen höherer Gewalt unter näher bestimmten Voraussetzungen eine Wahl im Weg der (auf Einzelgebiete beschränkten oder landesweiten) reinen Briefwahl durchgeführt werden kann.
Normenkontrollklage erfolglos
22 Landtagsabgeordnete sahen hierdurch insbesondere Wahlgrundsätze wie die Wahlfreiheit, das Wahlgeheimnis und den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl verletzt und hielten diese Regelungen für verfassungswidrig. Dieser Auffassung folgte das Landesverfassungsgericht nicht. Zwar schränke eine reine Briefwahl die Absicherung des Wahlgeheimnisses und den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl ein. Dies sei unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen jedoch zulässig. Denn die angegriffenen Gesetze ermöglichten eine reine Briefwahl nur, soweit eine Stimmabgabe in Wahlräumen wegen einer Gefahr für Leben oder Gesundheit unmöglich ist. Die angegriffenen Gesetze regelten damit eine spezielle Ausnahmesituation, in der bei Durchführung der Urnenwahl grundrechtlich geschützte Rechtsgüter gefährdet würden.
Reine Briefwahl mit Blick auf Corona gerechtfertigt
In einem solchen Fall seien die Nachteile einer reinen Briefwahl unter den Bedingungen einer pandemischen Notlage durch die verfassungsrechtlichen Rechtsgüter der Allgemeinheit der Wahl, die staatliche Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit sowie die zeitlichen Vorgaben der Landesverfassung für die Erneuerung der demokratischen Legitimation der öffentlichen Gewalt gerechtfertigt, heißt es im Urteil weiter.